Clemens Graf Brandis (* 4. Februar 1798 in Lana; † 26. Mai 1863 in Schleinitz) war ein österreichischer Jurist, Politiker und Historiker. Von 1841 bis 1848 war er Gouverneur und Landeshauptmann von Tirol. Das Tiroler Forstregulierungspatent vom 6.2.1847 wurde unter seiner Amtsführung erlassen. 

Clemens Graf Brandis wurde als Sohn des Johann Baptist Graf Brandis, Verordneter der steierischen Stände und Vizepräsident der Einlösungs- und Tilgungs-Deputation in Steiermark, geboren. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaft und trat am 7. Februar 1824 als unbesoldeter Kreiskommissär in den Staatsdienst ein. 1836–1838 war er Kreishauptmann von Bozen. 1838 wurde er zum Hofrat bei der Vereinigten Hofkanzlei in Wien ernannt. Am 28. Januar 1841 übernahm er das Amt des Gouverneurs und Landeshauptmanns von Tirol. Im Revolutionsjahr 1848 widersetzte sich Brandis der Forderung der Fortschrittlichen nach Trennung des Amtes des Landeshauptmanns von dem des Gouverneurs. Am 30. April 1848 nahm Kaiser Ferdinand jedoch seinen Rücktritt als Landeshauptmann an und am 17. Juli 1848 musste er auch sein Amt als Gouverneur niederlegen. Kaiser Ferdinand I. holte ihn nach Wien und ernannte ihn zum Oberhofmeister. Clemens Graf Brandis war auch Mitglied des Herrenhauses. 

Clemens Graf Brandis war ein geistig hochbegabter, mit dem Verwaltungsdienst auf das engste vertrauter, großzügiger Beamter voll Initiative und Tatkraft, dabei von geistigen, literarischen und künstlerischen Interessen beseelt. Seine besondere Förderung galt dem Aufblühen und der Ausgestaltung des Landesmuseums Ferdinandeum, dessen oberster Vorstand er zeitlebens blieb. Für sein Interesse an der Erhaltung alter Denkmäler ist bezeichnend, dass er gegen den Innsbrucker Magistrat eingeschritten ist, als dieser die wertvollen Monumente aus dem alten Friedhof an Steinmetze verkaufte.  Als Landeshauptmann von Tirol förderte er ein umfangreiches Straßenbauprogramm der Stände. Er erreichte die Umwidmung des so genannten Approvisionierungsfonds, der zur Tilgung der Schulden aus den Napoleonischen Kriegen eingerichtet worden war. Nach deren Bezahlung der Kriegsschulden blieb dieser erhalten und wurde für den Straßenbau eingesetzt. Damit schuf Clemens Graf Brandis die Grundlagen für das moderne Fernverkehrsnetz in Tirol.  

Ein besonderes Augenmerk seiner Verwaltung legte Clemens Graf Brandis auf den Tiroler Waldbestand und dessen Erhaltung und Verbesserung. Er unterzog sich der Mühe, durch weite Fußreisen durch das Land sich einen persönlichen Eindruck von dem damals argen Zustand der Waldungen zu machen, um mit allem Nachdruck in Wien auf Abstellung der vorhandenen Übelstände bei den vorgesetzten Hofstellen zu drängen. In das Ende seiner Regierungszeit fiel die Tiroler Forstregulierung 1847, das große Reformprogramm, mit welchem die feudale Rechtsverhältnisse an den Tiroler Wäldern grundlegend umgestaltet und einer Privatisierung des Waldeigentums weichen mussten. Die seit Jahrhunderten in der Tiroler Landesordnung geregelten Nutzungsrechte der Hofbesitzer an „landesfürstlichen Wäldern“ wurden in freies Gemeinschaftseigentum der Nachbarschaften umgewandelt. Im Gegenzug entstanden Staatswälder, heute „Bundesforste“, die von den Nutzungsrechten der Hofbesitzer freigestellt waren. Die privaten Grundbesitzer als Nachbarschaften und die staatliche Forstverwaltung konnten sich aufgrund dieser Maßnahmen in größten Teils getrennten Waldstrecken der nachhaltigen Forstpflege und Forstnutzung widmen.

Clemens Graf Brandis (* 4. Februar 1798 in Lana; † 26. Mai 1863 in Schleinitz) war ein österreichischer Jurist, Politiker und Historiker. Von 1841 bis 1848 war er Gouverneur und Landeshauptmann von Tirol. Das Tiroler Forstregulierungspatent vom 6.2.1847 wurde unter seiner Amtsführung erlassen.

Clemens Graf Brandis wurde als Sohn des Johann Baptist Graf Brandis, Verordneter der steierischen Stände und Vizepräsident der Einlösungs- und Tilgungs-Deputation in Steiermark, geboren. Er studierte Rechts- und Staatswissenschaft und trat am 7. Februar 1824 als unbesoldeter Kreiskommissär in den Staatsdienst ein. 1836–1838 war er Kreishauptmann von Bozen. 1838 wurde er zum Hofrat bei der Vereinigten Hofkanzlei in Wien ernannt. Am 28. Januar 1841 übernahm er das Amt des Gouverneurs und Landeshauptmanns von Tirol. Im Revolutionsjahr 1848 widersetzte sich Brandis der Forderung der Fortschrittlichen nach Trennung des Amtes des Landeshauptmanns von dem des Gouverneurs. Am 30. April 1848 nahm Kaiser Ferdinand jedoch seinen Rücktritt als Landeshauptmann an und am 17. Juli 1848 musste er auch sein Amt als Gouverneur niederlegen. Kaiser Ferdinand I. holte ihn nach Wien und ernannte ihn zum Oberhofmeister. Clemens Graf Brandis war auch Mitglied des Herrenhauses. 

Clemens Graf Brandis war ein geistig hochbegabter, mit dem Verwaltungsdienst auf das engste vertrauter, großzügiger Beamter voll Initiative und Tatkraft, dabei von geistigen, literarischen und künstlerischen Interessen beseelt. Seine besondere Förderung galt dem Aufblühen und der Ausgestaltung des Landesmuseums Ferdinandeum, dessen oberster Vorstand er zeitlebens blieb. Für sein Interesse an der Erhaltung alter Denkmäler ist bezeichnend, dass er gegen den Innsbrucker Magistrat eingeschritten ist, als dieser die wertvollen Monumente aus dem alten Friedhof an Steinmetze verkaufte. Als Landeshauptmann von Tirol förderte er ein umfangreiches Straßenbauprogramm der Stände. Er erreichte die Umwidmung des so genannten Approvisionierungsfonds, der zur Tilgung der Schulden aus den Napoleonischen Kriegen eingerichtet worden war. Nach deren Bezahlung der Kriegsschulden blieb dieser erhalten und wurde für den Straßenbau eingesetzt. Damit schuf Clemens Graf Brandis die Grundlagen für das moderne Fernverkehrsnetz in Tirol. 

Ein besonderes Augenmerk seiner Verwaltung legte Clemens Graf Brandis auf den Tiroler Waldbestand und dessen Erhaltung und Verbesserung. Er unterzog sich der Mühe, durch weite Fußreisen durch das Land sich einen persönlichen Eindruck von dem damals argen Zustand der Waldungen zu machen, um mit allem Nachdruck in Wien auf Abstellung der vorhandenen Übelstände bei den vorgesetzten Hofstellen zu drängen. In das Ende seiner Regierungszeit fiel die Tiroler Forstregulierung 1847, das große Reformprogramm, mit welchem die feudale Rechtsverhältnisse an den Tiroler Wäldern grundlegend umgestaltet und einer Privatisierung des Waldeigentums weichen mussten. Die seit Jahrhunderten in der Tiroler Landesordnung geregelten Nutzungsrechte der Hofbesitzer an „landesfürstlichen Wäldern“ wurden in freies Gemeinschaftseigentum der Nachbarschaften umgewandelt. Im Gegenzug entstanden Staatswälder, heute „Bundesforste“, die von den Nutzungsrechten der Hofbesitzer freigestellt waren. Die privaten Grundbesitzer als Nachbarschaften und die staatliche Forstverwaltung konnten sich aufgrund dieser Maßnahmen in größten Teils getrennten Waldstrecken der nachhaltigen Forstpflege und Forstnutzung widmen. (Bild: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck)

 

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In der Tiroler Forstregulierung 1847 tritt uns unter dem Etikett „Gemeinde“ die Gemeinschaft der (früher nur) Holzbezugsberechtigten gegenüber.

NUTZUNGSBERECHTIGTE ALS GEMEINSCHAFT

Die „Gemeinde“ der Tiroler Forstregulierung 1847 setzt sich aus den „Holzungsberechtigten“ zusammen; es handelt sich um eine „Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten“. Die ‚Ortsgemeinde’ nach modernem Verständnis wurde in Österreich erst 1849 begründet; die heutigen Ortsgemeinde gehen auf das Reichsgemeindegesetz 1862 und die Landesausführungsgesetze dazu zurück.

Im Forstregulierungspatent 1847 wird eine Gemeinde der Nutzungsberechtigten als Eigentümerin eingesetzt: Nutzungsberechtigte, die im Gegenzug für den Verlust ihrer bisherigen Holzservituten ein (gemeinschaftliches) moderneres Eigentumsrecht erhielten. Die Holznutzungsrechte im Staatsforst wurden abgelöst; die bisher nur Servitutsberechtigten erhielten ein Gemeinschaftseigentum an einer verkleinerten Waldfläche.

Den Stammliegenschaftsbesitzern standen Holz- und Streunutzungsrechte im Staatsforst zu; diese Rechte wurden dorfweise gemeinschaftlich abgelöst. Die Summe der individuellen, beschränkten Berechtigungen auf Holznutzung im Staatsforst wurde in Eigentum an einer verkleinerten nutzbaren Fläche umgewandelt.

Ausdrücklich sprechen archivalische Quellen von „Servitutenablösung“ bzw von Abfindung der bisher Servitutsberechtigten.

STEIGERUNG DES GEMEINWOHLES

So entstanden nutzungsfrei gestellte Staatsforste (heute: Bundesforste in Nordtirol) und Gemeinschaftswälder der Nachbarschaften, damals Nutzungsgemeinschaften und zugleich Eigentümergemeinschaften.

Die einzelnen Berechtigten behielten ihre Rechte, die sich nur mehr auf die verkleinerte Ablösefläche bezogen haben. Diese verkleinerte Ablösefläche stand im Gemeinschaftseigentum der Gesamtheit der Nutzungsberechtigten. Die verbliebenen Staatsforste wurden dagegen von den Nutzungsrechten freigestellt.

Durch die nachhaltige Bewirtschaftung dieses gemeinschaftlichen Privateigentums erwartete man sich schon damals eine Steigerung der Hektarerträge. Auch im verbleibenden Staatsforst erwartete man sich verbesserte Erträge. Das unfruchtbare Zusammenwirken von privaten Nutzungen auf fremdem Grund und Boden (Staatsforst) wurde aufgehoben.

NUTZUNGSBERECHTIGTE ALS GEMEINDEGLIEDER

Die Gemeinschaft der Nutzungsberechtigten war als (Agrar-)Gemeinde Eigentümerin; die Nutzungsrechte existieren auf dem in der (Agrar-)Gemeinde organisierten Gemeinschaftseigentum. Diese Konstruktion schuf eine dem „geteilten Eigentum“ verwandte genossenschaftliche Struktur, wobei die auf Dauer eingerichtete „Gemeinde“ als Eigentümerin, die einzelnen Angehörigen als Nutzungsberechtigte und Anteilseigentümer in der Gemeinde erscheinen.

Es versteht sich von selbst, dass eine Eigentumsfläche, die Gegenleistung für den Verzicht auf Nutzungsrechte sein soll, nur denjenigen zustehen kann, die Verzicht geleistet haben. Im konkreten Fall bildeten die neue Gemeinschaft die jeweiligen „Stammliegenschaftsbesitzer“, die gemeinschaftlich Verzicht geleistet haben.

Die Bestimmungen über das Miteigentum (16. Hauptstück des ABGB) waren und sind für derartige Verhältnisse ungeeignet, sodass im Rahmen der Tiroler Forstregulierung 1847 eben nicht gewöhnliches Miteigentum, sondern Eigentum einer „Gemeinde als solche“ geschaffen werden sollte.

VORTEILE DES ORGANISATIONSMODELLES

Diese Struktur wahrte das Interesse der Nachhaltigkeit. Bei einem modernen (romanistisch geprägten) Quotenmiteigentum wären durch die potentielle Kommerzialisierung der Anteile zahllose Probleme entstanden, etwa aufgrund des jedem Miteigentümer zustehenden Teilungsanspruchs (§ 830 ABGB) mit der (im Falle agrargemeinschaftlicher Verhältnisse für die übrigen Berechtigten existenzbedrohenden) Gefahr einer Zivilteilung (§ 843 ABGB).

Für eine (Agrar-) Gemeinde „als solche“ galten andere Rechtsfolgen als für das Miteigentum: Damit wurde einerseits die Verfügungsmöglichkeit der Einzelnen beschränkt, die in einer gesetzlichen Zwangskorporation zusammengeschlossen wurden; andererseits blieb eine Aufsicht der „Landesstelle als Kuratelsbehörde“ gewährleistet, weil solche Gemeinschaften unter dem besonderen Schutz der Gesetze standen.

„GEMEINDE“ UND FLURVERFASSUNG

Die historische Rechtstradition, wonach der Begriff „Gemeinde“ auch eine solche Gemeinschaft bezeichnen kann, die aus einer Servitutenablösung hervorgegangen ist, hat im modernen Flurverfassungsrecht ihren Niederschlag gefunden. In Fortführung dieser Tradition erfasst noch das heute geltende Flurverfassungsrecht die aus Servitutenablösung entstandenen Eigentumsgemeinschaften mit dem Begriff „Gemeinde“.

So führte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30.6.2011 Zl 2010/07/0091 (Agrargemeinschaft Obergarten), Pkt 6.3.2 der Begründung, folgendes aus: Der Verfassungsgerichtshof wies im Erkenntnis VfSlg 9336/1983 darauf hin, dass es im Flurverfassungsrecht die Erscheinung gebe, dass eine „Gemeinde“ die Bezeichnung für die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer sei. Dies gelte insbesondere dann, wenn Grundstücke in Ausführung der Gesetze über die Regulierung und Ablösung der Servituten einer Gemeinde (Ortschaft) oder einer Gesamtheit von Berechtigten zu gemeinsamer Benutzung und gemeinsamem Besitz abgetreten worden sind. In diesen Fällen erfasse der Begriff „Gemeinde“ eine juristische Person, die sich aus Nutzungsberechtigten zusammensetze.“

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Im 19. Jahrhundert waren die Rechtsverhältnisse an den Tiroler Wäldern so unübersichtlich geworden, dass man sich zu einer Bereinigung entschloss. Die mit kaiserlicher Entschließung vom 6. Februar 1847 befohlene „Regulirung der Tiroler Forstangelegenheiten“ (Provinzialgesetzsammlung für Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1847/XXXVI, 253ff; auch in: Landesregierungsarchiv für Tirol, Gub 1847, Forst 9357) ordnet sich in eine ganze Reihe von Gesetzgebungsakten des 19. Jahrhunderts ein, mit denen die überkommenen geteilten Berechtigungen beseitigt und durch moderne Eigentumsrechte ersetzt werden sollten, wie etwa Grundentlastung oder Lehensallodifikation.

Konkret sollten die Tiroler Wälder, abgesehen von individuell benannten Ausnahmen, von dem bisher behaupteten landesfürstlichen Hoheitsrecht befreit werden, im Gegenzug auch dessen Belastungen durch die „untergeordneten“ Berechtigungen enden.

In diesem Sinne wurden jene „Wälder Tirols, welche bisher [dem Monarchen] aus dem Hoheitsrechte vorbehalten waren, unter gleichzeitigem Erlöschen der auf denselben wider das Aerar bestandenen Holzbezugs- oder sonstigen Rechte, (…) den bisher zum Holzbezuge berechtigten oder mit Gnadenholzbezügen betheilten Gemeinden, als solchen, in das volle Eigenthum (…) überlassen“.

Daneben sollten auch „in den künftig vorbehaltenen Staatswäldern die Holzbezugsrechte oder Gnadenholzbezüge der Unterthanen (…) durch Ausscheidung und Ueberweisung einzelner Forsttheile in das volle Eigenthum, und zwar nicht der einzelnen Unterthanen, sondern der betreffenden Gemeinden, so weit es nur immer zulässig ist, abgelöst werden.“

 
SERVITUTENABLÖSUNG 1847

Schon den Zeitgenossen war bewusst, dass in Nordtirol eine Servitutenablösung durchgeführt wurde: Es sei demnach „angeordnet [worden], auch in den Regalitätsforsten die Servituten und Gnadenholzbezüge der Unterthanen (…) durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forsttheile in das volle Eigenthum der betreffenden berechtigten Gemeinden abzulösen.“ (Schopf, Forstverfassung 203f) Zu Recht wurde das Forstregulierungspatent (in der Folge: FRP 1847) daher auch noch später als ein „älterer Versuch zur Lösung der Servitutenfrage“ beurteilt (Schiff, Agrarpolitik 50ff), womit „zahlreiche wirkliche Privateigentumswaldungen“ (Falser, Wald und Weide 35) geschaffen worden waren.

Damit ist eine Kernfrage berührt, nämlich jene nach dem der Forstregulierung zugrundeliegenden Gemeindebegriff. Dieser Begriff ist nach den herkömmlichen juristischen Auslegungsregeln unter Berücksichtigung des sachlichen Zusammenhanges und des zeitgenössischen Verständnisses auszulegen.

So etwa war im öffentlichen Recht in der Mitte des 20. Jahrhunderts – und wohl auch noch heute – „nach dem Sprachgebrauch der österreichischen Gesetzgebung (…) unter dem Ausdruck Gemeinde grundsätzlich die politische Gemeinde zu verstehen“, womit der VwGH eine widerlegliche Vermutung für einen bestimmten Begriffsinhalt aufstellte (VwGH 11.11.1954 VwSlg 3560/A).

Für den Bereich des im Flurverfassungsrecht geregelten, agarischen Gemeinschaftseigentums ist diese Judikatur freilich überholt: Der Verfassungsgerichtshof hat bereits 1982 klar gestellt – und der Verwaltungsgerichtshof ist diesem darin gefolgt – dass eine Servitutenablösung „Gemeinden“ hervorbringe, die eine Organisation der Nutzungsberechtigten darstellen (VfSlg 9336/1982).  Der VwGH ist diesem Gesetzesverständnis für den Anwendungsbereich des Agrarrechts mit Erkenntnis vom 30.6.2011 ausdrücklich beigetreten: Der Verfassungsgerichtshof wies im Erkenntnis VfSlg 9336/1983 darauf hin, dass es im Flurverfassungsrecht die Erscheinung gebe, dass eine „Gemeinde“ die Bezeichnung für die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer sei. Dies gelte insbesondere dann, wenn Grundstücke in Ausführung der Gesetze über die Regulierung und Ablösung der Servituten einer Gemeinde (Ortschaft) oder einer Gesamtheit von Berechtigten zu gemeinsamer Benutzung und gemeinsamem Besitz abgetreten worden sind. In diesen Fällen erfasse der Begriff „Gemeinde“ eine juristische Person, die sich aus Nutzungsberechtigten zusammensetze. Gleiches gilt für die Fälle von Grundstücken gem § 15 Abs. 1 lit. b Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz 1951. „Gemeinde“ bedeute in dieser Gesetzesbestimmung eine Gemeinschaftsorganisation der Nutzungsberechtigten. (VwGH 30.6.2011, Zl 2010/07/0091, 6.3.2)

 
GEMEINDE DER NUTZUNGSBERECHTIGTEN

Die Forstregulierung 1847 in Nordtirol wurde ohne staatliche Zwangsgewalt auf der Grundlage privatrechtlicher Verzichtsleistung vollzogen: Nutzungsverzicht im Staatsforst gegen ein gemeinschaftliches Privateigentum. Die Frage nach dem Gemeindebegriff der Tiroler Forstservitutenablösung 1847 ist deshalb in wesentlichen Aspekten privatrechtliche Frage, die für die Mitte des 19. Jahrhunderts zu beantworten ist. In diesem Sinne hatte der VwGH 1894 festgestellt, dass „der Ausdruck „Gemeinde“ [auch] als gleichbedeutend mit „Ortschaft“ aufzufassen“ sein könne (BUDWINSKI, Erkenntnisse des k.k. Verwaltungsgerichtshofes 1894, Nr. 8032). Der Gemeindebegriff war also unscharf und interpretationsbedürftig.

Die zentrale Quelle des Privatrechts bildete 1847 das ABGB. Auf das „allgemeine bürgerliche Recht“ verweist etwa auch Artikel 9 FRP. Die Frage nach dem Gemeindebegriff des ABGB ist schon seit vielen Jahren gründlich untersucht: „Unter dem Begriff ‚Gemeinde’ versteht das ABGB keineswegs die Ortsgemeinde oder ein ähnliches territoriales Gebilde“, sondern es „gilt (…) als ‚Gemeinde’ eine Moralische Person, die als ‚Gemeinschaft’, ‚Körper’ aus ‚Mitgliedern’ (§§ 337, 1482), ‚Gliedern’ (§§ 539, 867) besteht, durch ‚Stellvertreter’ handelt (§ 867), über ein eigenes ‚Gemeindevermögen’ bzw. über ‚Gemeindegüter’ verfügen kann (§ 290) und von ‚weltlichen und (=oder) geistlichen Vorsteher(n)’ (§ 189) geleitet wird.“ (Wilhelm Brauneder, Von der moralischen Person des ABGB zur Juristischen Person der Privatrechtswissenschaft, in: Wilhelm Brauneder, Studien II: Entwicklung des Privatrechts, 1994, 159–200)

 
„GEMEINDE“ WAR JEDE ORGANISIERTE PERSONENMEHRHEIT

Dies kann durch zahllose zeitgenössische Quellen belegt werden; schon die Register zum ABGB oder zur Politischen Gesetzessammlung zeigen die Vielfalt verschiedener „Gemeinden“. Zitiert sei hier bloß, stellvertretend für dieses Verständnis, der wichtigste Redaktor und erste Kommentator des ABGB, Franz von Zeiller. Er erläuterte zu § 27 ABGB: „Die unter öffentlicher Authorität zu gemeinnützigen Zwecken verbundenen Gemeinden, wie die (!) der Städte, Märkte, Dörfer, oder der geistlichen Gemeinden, haben ihre besondere, durch politische Gesetze und Statuten bestimmte Verfassung, sie stehen, weil die einzelnen Glieder ihre in dem Gemeindevermögen begriffenen Rechte nicht verwahren können, unter einem besondern Schutze des Staates, sind in der Verwaltung ihres Vermögens eingeschränkt und genießen besondere (auf Sachen) angewandte Personen-Rechte. Die Vorsicht fordert demnach, daß diejenigen, welche mit Gemeinheiten (!) Rechtsgeschäfte eingehen, sich zuvor genaue Kenntniß erwerben, ob und inwieweit dieselben oder ihre Vorsteher in der Verwaltung des Vermögens eingeschränkt oder begünstiget seyn.“ (Franz Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch I, Wien-Triest 1812, 132f)

Zeiller kennt also eine Vielzahl verschiedener Gemeinden, für die er bloß Beispiele anführt („wie die“) und die er synonym auch als „Gemeinheiten“ bezeichnet. In diesem Sinne verweist auch das Register von Zeillers Kommentar unter „Gemeinden“ auf „Gesellschaft“ und umgekehrt von „Gesellschaft“ auch auf „Gemeinden“ und „Gemeinschaft“; ebenso synonym erschienen die Begriffe „Gemeinde“ und „Gesellschaft“ bei Joseph Linden, Das früher in Österreich übliche gemeine und einheimische Recht nach der Paragraphenfolge des neuen bürgerlichen Gesetzbuches I (Wien und Triest 1815) 101.

Gerade diese mögliche Vielfalt machte es erforderlich, im Rahmen des FRP die zweifellos recht sperrige Formulierung von den „bisher zum Holzbezuge berechtigten, oder mit Gnadenholz betheilten Gemeinden“ mehrfach zu wiederholen bzw abzuwandeln („holzbezugsberechtigte Gemeinden“ (ProvGSTirVbg 1847 / XXXVI, Art 9) und zu betonen, dass das Eigentum „den bisher zum Holzbezuge berechtigten oder mit Gnadenholzbezügen betheilten Gemeinden, als solchen“ (!) überlassen werden sollte (ProvGSTirVbg 1847 / XXXVI, Art 6). Im Zuge der Forstregulierung tritt uns unter dem Etikett „Gemeinde“ also die Gemeinschaft der (früher nur) Holzbezugsberechtigten gegenüber. Rechtsansprüche „anderer Gemeinden“ waren gegen die neuen Eigentümer geltend zu machen.

 
POLITISCHE GEMEINDE AUSGESCHALTET

Man mag in diesem Zusammenhang, unter anderem gestützt auf eine unfundierte Behauptung Stephan Falsers (Stephan Falser, Wald und Weide im tirolischen Grundbuch, Innsbruck 1932, 20, an jene Gemeinden denken, die mittels kaiserlicher Entschließung vom 14. August 1819 zur „Regulierung des Gemeindewesens in Tirol und Vorarlberg“ geregelt wurden.

Mit diesen gab es tatsächlich auch Gemeinden mit öffentlich-rechtlichen Funktionen (zB §§12 bis 14) und eigens bestimmten Funktionären; die genannte Norm sah einen „Gemeindevorsteher“, zwei „Gemeindeausschüsse“, einen „Gemeindecassier“ und einen eigenen „Steuereintreiber“ vor (§§ 5f).

Allerdings wurden gerade diese Organe nicht mit Aufgaben betraut: Der von den Wiener Zentralstellen für die Forstservitutenablösung entworfene „Verhandlungsmodus“ (AVA Wien, Hofkanzlei 20968/1847) macht dies deutlich: Für diese Ablösungsverfahren hatten die „Gemeinden“ nämlich Vertreter zu wählen, die als Bevollmächtigte aufzutreten und die Ansprüche der Berechtigten anzumelden hatten; es handelte sich dabei eben um „Stellvertreter“ im Sinne des § 867 ABGB. Man griff also nicht auf gesetzlich bereits konstituierte Organe, nämlich die Funktionäre der 1819 „regulierten“ Gemeinden als solche, zurück.

Dies wäre wohl geschehen, hätte man diese mit öffentlich-rechtlichen Funktionen ausgestattete Gemeinde auch zur Eigentümerin aufgrund des FRP machen wollen; statt dessen sah man eigens eine besondere Wahl von „Vertretern“ – übrigens in einer von der Zahl der Funktionäre der 1819 regulierten Gemeinden sogar abweichenden Anzahl – vor. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Anordnung solch spezieller Wahlvorgänge nicht in eine Zeit besonders hochentwickelter basisdemokratischer Tendenzen fiel, sondern in die Blütezeit des vormärzlich-antidemokratischen Systems.

„Vertreter“ mußten demnach einfach deshalb gewählt werden, weil die (erst durch das FRP konstituierten) „holzbezugsberechtigten Gemeinden“ solche noch nicht hatten. Die Bevollmächtigung wurde von den Unterzeichnern vielfach mit einer typisch privatrechtlichen Formulierung „für sich und ihre Erben“ erteilt; auch sollten die Bevollmächtigten „alles vor[…]kehren, damit sie [dh die Unterzeichner und ihre Erben] in dem Besitze ihrer Güter verbleiben können“. Dazu wurden die „Gewählten (…) ermächtigt, alles das anzubringen, was ihnen von der Gemeinde oder von den Einzelnen aufgetragen wird“; sie sollten nach ihrem „besten Wissen und Gewissen im Interesse der Gemeinde“ tätig werden – damit war, wenngleich indirekt, die aus der Summe individueller Berechtigungen konstruierte, überzeitliche Gemeinde definiert.

Diesen privatrechtlich-korporativen Charakter der FRP-Gemeinde zeigen auch die Bestimmungen über die „Ausübung der Weide (…) in den vorbehaltenen Staatswaldungen“ gemäß Punkt „Drittens“ der (formularhaften) Vergleichsprotokolle. Diese sollte in der Regel „nach der bisherigen Übung“ gestattet werden, und zwar „mit der Beschränkung auf jenen Viehstand, welchen die Gemeinde auf ihren eigenen Gütern zu überwintern vermag“. Gelegentlich wurde diese Standardformulierung durch Bezugnahme auf die bis dahin „versteuerten Grasrechte“ ersetzt; dies resultierte möglicherweise daraus, dass die erteilte Vollmacht hinsichtlich der Viehauftriebsrechte den Verhandlungsspielraum der Bevollmächtigten durch die „ausdrückliche Bestimmung“ einschränkte, „dass so viel Austriebsrecht erhalten werde, als Vieh auf den Gütern der Gemeinde überwintert werden kann“. Wie auch immer: Einen derart zu überwinternden eigenen Viehstand als Ausdruck eines eigenen Wirtschaftsbetriebes hatte eine „Gemeinde“ als solche in der Regel nicht – „Gemeinde“ ist hier eben die Summe der Berechtigten.

Die Bezugnahme auf die der gesamten Aktion ab 1847 letztlich zugrundeliegenden individuellen Rechtspositionen wird nicht zuletzt dann deutlich, wenn „mit den (…) gewählten Bevollmächtigten eine Ausgleichung nicht zu Stande käme“: Diesfalls sollte „die individuelle Berufung der Servitutsberechtigten, oder mit Gnadenholzbezügen betheilten Gemeindeglieder vorbehalten“ bleiben „und dann über die Annahme der von der Kommission vorgeschlagenen Abfindung die Stimmen der Mehrheit der als servitutsberechtigt oder bisher mit Gnadenbezügen betheilt anerkannten Gemeinde Glieder für die ganze Gemeinde bindend erscheinen, die formellen Vergleichsabschlüße aber in diesem Falle, wo dieselben nicht mit den Bevollmächtigten, sondern unmittelbar mit der Mehrzahl der Gemeindeglieder zu Stande kommen, von eben dieser Mehrzahl gefertigt werden“.

 
DIE HEUTIGEN ORTSGEMEINDEN

Die Annahme, 1847 habe „die politische Gemeinde“ längst existiert, nämlich in Gestalt der 1819 regulierten Gemeinde, würde schon nach den oben getroffenen Feststellungen für die Frage der Eigentumszuweisung an die „holzbezugsberechtigte Gemeinde“ als moralische Person im Sinne des ABGB ohne Bedeutung sein.

Um aber jeden Zweifel an der Person des Eigentümers auszuschließen, ist auch noch darauf hinzuweisen, dass nach der einhelligen und bislang unangefochtenen Verfassungsgeschichtslehre „die politischen Gemeinden“ erst durch das Provisorische Gemeindegesetz 1849 entstanden sind.

(Dazu: Wilhelm Brauneder, Österreichische Verfassungsgeschichte10 (Wien 2005) 130, bezeichnet die „Gemeinden als einheitliche Lokalgewalten“ für das Land als „etwas völlig Neues“; mit „der Errichtung der Gemeinden im heutigen Österreich wird 1850 (…) begonnen“. Oskar Lehner, Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte4 (Linz 2007) 196f; Ernst C. Hellbling, Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte2 (Wien-New York 1974) 367f; Werner Ogris, Die Entwicklung des österreichischen Gemeinderechts im 19. Jahrhundert, in: Wilhelm Rausch (Hrsg), Die Städte Mitteleuropas im 19. Jahrhundert (Linz 1983) 83–101; Rudolf Hoke, Gemeinde, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte I (Berlin 1971) 1494–1496; vgl auch Hans Neuhofer, Gemeinderecht2 (Wien-New York 1998) 3f. Selbst nach Walter Schiff „schuf [der Gesetzgeber von 1849] die moderne polit. Ortsgemeinde“: Walter Schiff, Agrarische Gemeinschaften, in: Ernst Mischler / Josef Ulbrich (Hrsg), Österreichisches Staatswörterbuch I2 (Wien 1905) 73–84, hier 75)

„Die ‚Ortsgemeinde’ nach modernem Verständnis wurde in Österreich erst 1849 begründet; die heutigen Ortsgemeinde gehen auf das Reichsgemeindegesetz 1862 und die Ausführungsgesetze der Länder dazu, zurück.

Vorher gab es nicht eine ‚Politische Gemeinde’ (…), sondern mehrere wie etwa die Katastralgemeinde, die Steuergemeinde, denen es aber an Selbstverwaltung ermangelte! Vor allem aus diesem Grund kann die ‚Gemeinde’ des ABGB mit der Gemeinde im heutigen Sprachgebrauch nicht gleichgestellt werden.“

(Brauneder, Von der moralischen Person 165, FN 21; vgl Lehner, Verfassungsgeschichte 196, FN 54: „Die Ortsgemeinden waren nicht identisch mit den für die Einhebung der Grundsteuer bestehenden Katastralgemeinden.“ – 1917 stellte man im Ministerium des Innern aus Anlaß eines konkreten Falles historische Nachforschungen über die „Gemeindeverhältnisse (…) in Tirol an und kam zum Ergebnis, „für die früheren Zeiten [könne] nur auf Grund spezieller Untersuchung jedes einzelnen Falles ein Urteil über das Verhältnis zweier Gemeinden gefällt werden. Steuergemeinde, Wirtschafts- und politische Gemeinde fallen in jener Zeit nicht immer zusammen, sondern stehen zu einander in verschiedenartig abgestuftem Verhältnisse“: AVA Wien, MdI, 14181/1917)

Die ab 1849 konstituierten Ortsgemeinden traten an die Stelle der in Tirol seit 1819 regulierten und mit einzelnen öffentlichen Aufgaben betrauten „Gemeinden“, diese bestanden also nicht weiter. Dementsprechend lösten neue Organe die vom Gemeinderegulierungspatent 1819 vorgesehenen Funktionäre ab und die Ortsgemeinden von 1849 übernahmen auch das allenfalls vorhandene Vermögen der 1819 regulierten Gemeinden. Dieser Vermögensübergang betrifft allerdings nicht jedes einer „Gemeinde“ gehörige Vermögen, wie schon am Fortbestand des Vermögens von Pfarrgemeinden deutlich wird.

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Aus: Gerald Kohl,
Überlegungen zur „Gemeinde“ der Tiroler Forstregulierung,
in: Grundlagen der Österreichischen Rechtskultur.
Festschrift für Werner Orgis zum 75. Geburtstag (2010).

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PM