Die wesentlichen Grundsätze der Erkenntnisse VfSlg 19.262/2010 (Unterlangklampfen-Erk) und VfSlg 18.446/2008 (Mieders-Erk) sind folgende:
1. Die historische Entscheidung der Agrarbehörde ist konstitutiv und gestaltet die Rechtslage.
2. Insoweit die historische Agrarbehördenentscheidung unklar sein sollte, muss diese verfassungskonform im Sinn des wahren historischen Eigentümers interpretiert werden.
3. Insoweit das Eigentumsrecht in der Agrargemeinschaft „reguliert“ wurde, muss sich dieses in entsprechenden Anteilsrechten des historischen Eigentümers niederschlagen.

1. Agrarbehördenentscheidungen gestalteten die Rechtslage

Die Entscheidung der Agrarbehörde ist konstitutiv und gestaltet die Rechtslage (vgl § 14 Agrarverfahrensgesetz). (VfGH 10.12.2010 VfSlg 19.262/2010 ua Pkt II. A) 2.3.6.1 der Begründung; VfSlg 18.446/2008; VfSlg 17.779/2006; VwGH 8.7.2004 2003/07/0087; OGH 11.2.2003, 5 Ob 2/03/k; vgl auch Raschauer, Rechtskraft und agrarische Operation, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010) 276: „Wenn die Agrarbehörde das Eigentum eines Rechtsträgers `feststellt´ und wenn diese Feststellung unangefochten bleibt, dann ist dieser Rechtsträger Eigentümer im Rechtssinn.“) Wenn im Erk VfSlg 18.446/2008 dazu erklärt wird, dass die „Übertragung von Gemeindeeigentum“ durch die Agrarbehörde auf die Agrargemeinschaft von vorneherein „überschießend“ war, so ist dem uneingeschränkt zuzustimmen. Dieser Satz gilt freilich nicht nur für Eigentum einer Ortsgemeinde; dieser Satz gilt für jeden beliebigen Eigentümer eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes. Es ist in den Flurverfassungsgesetzen auch gar nicht vorgesehen, dass die Agrarbehörde das Eigentum am agrargemeinschaftlichen Grundstück auf die Agrargemeinschaft „überträgt“. Eine gesetzliche Grundlage für einen derartigen Vorgang hat es nie gegeben. Die Agrarbehörde hatte und hat vielmehr im Zuge der Regulierung der Nutzungsrechte und Gestaltung der Verwaltung auch festzustellen und zu entscheiden, wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft ist.

Sollte sich die Agrargemeinschaft als wahre Eigentümerin der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft erweisen und sollte eine entsprechende Entscheidung rechtskräftig werden, so kann der Behördenvorgang, im Zuge dessen über die Eigentumsverhältnisse entschieden wurde, aus der Sicht des Laien leicht mit einer Eigentumsübertragung verwechselt werden. Wie anderen Orts nachgewiesen sind die Gemeinschaftsliegenschaften in den öffentlichen Büchern unter den verschiedensten (Eigentümer-)Bezeichnungen erfasst worden. Hinter den in den öffentlichen Büchern ausgewiesenen Eigentumsverhältnissen, seien es schlichte Miteigentumsgemeinschaften oder „Genossenschaften“, seien es realrechtlich gebundene Miteigentumsgemeinschaften oder „Katastralgemeinden“, seien es Eigentümerbezeichnungen wie „Fraktion“, „Hauptfraktion“, „Fraktion Altgemeinde“, „Gemeinde“ wie auch immer, verbergen sich unter Umständen Agrargemeinschaften. Wer die Aufgabe der Agrarbehörde zur Entscheidung über die wahren Eigentumsverhältnisse missversteht und im ursprünglich ausgewiesenen Eigentumsträger den wahren Berechtigten vermutet, muss zwangsläufig in der Agrarbehördenentscheidung über die Eigentumsverhältnisse eine „Eigentumsübertragung“ erblicken.

Weil das Gesetz eine Behördenentscheidung, mit der die Eigentumsverhältnisse geändert werden sollen, gar nicht vorsieht, sondern lediglich die Entscheidung der Agrarbehörde zum Sachgegenstand der Eigentumsverhältnisse am Regulierungsgebiet fordert, wäre im Erk B 464/07 VfSlg 18.446/2008 vom 11.6.2008 größere Zurückhaltung gegenüber den Sachverhaltsannahmen im erstinstanzlichen Bescheid angebracht gewesen. Danach soll die Agrarbehörde im Fall von Gemeindegut in agrargemeinschaftlicher Nutzung – entgegen dem gesetzlichen Auftrag – nicht über die Eigentumsverhältnisse entschieden, sondern nur die Weide- und Holznutzung geregelt haben. Die im Behördenbescheid vom 9.11.2006 aufgestellten Sachverhaltsbehauptungen unterstellen ein Regulierungsverfahren, welches im Gesetz keine Grundlage hat. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, dass der Landesagrarsenat in der Folgeentscheidung nach VfSlg 18.446/2008 den Bescheid vom 9.11.2006 wegen schwerer Mängel aufgehoben hat. Der LAS wörtlich: „Gemäß § 56 AVG hat der Erlassung eines Bescheides, […] die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, […], nach den §§ 37 und 39 voranzugehen. Gemäß § 37 AVG ist Zweck des Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Diese elementaren Verfahrensgrundsätze wurden bei Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 09.11.2006 gröblich missachtet. Dem Bescheid vom 09.11.2006 ging kein geeignetes Ermittlungsverfahren voraus, weder zur Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes, noch im Hinblick auf das Gebot des rechtlichen Gehörs der Parteien.“ (Landesagrarsenat Tirol, LAS-889/28-06 vom 16.10.2008 – Folgeentscheidung nach VfSlg 18.446/2008) Es stellt sich deshalb die Frage, inwieweit die im Erk VfSlg 18.446/2008 beurteilte „Sachverhaltsgrundlage“ Repräsentativität besitzt?

Ungeachtet der gesetzlichen Vorgabe, wonach die (wahren) Eigentumsverhältnisse festzustellen seien, ist jedoch keine Norm ersichtlich, welche die Zusammenführung von Eigentum und Nutzungsrecht auf der Grundlage einer privatautonomen Entscheidung der Beteiligten verbieten würde. Das ABGB bedenkt ausdrücklich den Fall, dass der Eigentümer einer nutzungsbelasteten Liegenschaft sein Eigentum zugunsten der Nutzungsberechtigten abtreten möchte (§ 483 ABGB). Nichts spricht dagegen, dass Eigentum und Nutzungsrecht in einer Agrargemeinschaft zusammen geführt würden. Solche „Umgründungen“ der Agrarbehörde würden freilich sowohl in die Rechtsposition der Nutzungsberechtigten eingreifen, als auch in die Rechtsposition des Eigentümers der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft. Ein derartige „Reorganisationsakt“ setzt deshalb zwingend ein Parteienübereinkommen voraus: Der Liegenschaftseigentümer und die Nutzungsberechtigten hätten sich über die Zusammenführung der jeweiligen Rechtspositionen zu vereinbaren – insbesondere über die jeweiligen künftigen Anteilsrechte. Aufgrund des Gesetzes alleine kann die Behörde eine derartige Operation keinesfalls durchführen.

2. Verfassungskonforme Auslegung

Insoweit historische Entscheidungen der Agrarbehörde unklar sein sollten, müssen diese verfassungskonform im Sinn des wahren historischen Eigentümers interpretiert werden. Dieser Grundsatz, der das Erk VfSlg 18.446/2008 wesentlich bestimmt, ist zweifellos richtig. Klarzustellen ist freilich, dass dieser Rechtssatz nicht nur zu Gunsten einer Ortsgemeinde Geltung beansprucht; dieser Grundsatz ist zu Gunsten eines jeden historischen Eigentümers beachtlich. ((Vgl schon Raschauer, Rechtskraft und agrarische Operation nach TFLG, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 278: „Zum anderen sind die rechtlichen Überlegungen des Verfassungsgerichtshofs [in VfSlg 18.446/2008] derart aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie abgeleitet, dass sie nicht gemeindespezifisch, sondern verallgemeinerbar sind.“). Vor dem Hintergrund einer konstitutiv gestaltenden historischen Eigentumsentscheidung der Agrarbehörde, bedarf es freilich einer auslegungsbedürftigen Unklarheit im historischen Spruch eines Rechtsaktes. (VfGH 10.12.2010 VfSlg 19.262/2010 ua Pkt II. A) 2.3.6.1 der Begründung; VfSlg 18.446/2008; VfSlg 17.779/2006; VwGH 8.7.2004 2003/07/0087; OGH 11.2.2003, 5 Ob 2/03/k; vgl auch Raschauer, Rechtskraft und agrarische Operation, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol (2010) 276: „Wenn die Agrarbehörde das Eigentum eines Rechtsträgers `feststellt´ und wenn diese Feststellung unangefochten bleibt, dann ist dieser Rechtsträger Eigentümer im Rechtssinn.“)

a) Gemeinde- oder Gemeinschaftseigentum?

Ausgangspunkt für die Überlegungen im Erk VfSlg 18.446/2008 war eine ursprünglich im Eigentum der Ortsgemeinde stehende Liegenschaft. Nach den unbestrittenen Feststellungen der Agrarbehörde I. Instanz hatte der VfGH davon auszugehen, dass das Regulierungsbiet ursprünglich im Eigentum der Ortsgemeinde stand und durch Bescheid der Agrarbehörde auf die Agrargemeinschaft übertragen wurde. (Wörtlich führt der Gerichtshof in Slg 18.446/2008 dazu aus: „Es war in keinem Verfahrensstadium davon die Rede, dass es sich etwa nicht um Gemeindegut gehandelt habe …“ – Seite 19 des Originalerkenntnisses) Für die verfassungskonforme Auslegung eines solchen Rechtsaktes ist die Unterscheidung von „Gemeindevermögen“ und „Gemeindegut“ ohne jede Bedeutung. Nicht die spezielle Rechtsqualität als „Gemeindegut“ ist die Grundlage der verfassungskonformen Interpretation, sondern die historische Beurteilung als Eigentum gem Art 5 StGG 1867 bzw Art 1 des 1. ZPrMRK.

Diese Ausgangslage des Erk Slg 18.446/2008 (ehemaliges Eigentum der Ortsgemeinde), kann allerdings nicht unkommentiert bleiben. Wenn der VfGH auf Seite 19 des Originalerkenntnisses ausführt, dass „die Gemeinde“ – als Gegensatz zur „Summe der Nutzungsberechtigten“ – im Grundbuch einverleibt war, so greift dieser Ansatz aus sachenrechtlicher Sicht zu kurz: Dem historischen Grundbuchstand ist genauso wenig konstitutive Wirkung zuzuerkennen wie dem aktuellen. (Diese „Tatsache“ könnte durch zahllose Belegstellen untermauert werden, wobei sozusagen stellvertretend auf eine jüngere Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes verweisen wird: „Dingliche Rechte an Liegenschaften entstehen zwar grundsätzlich durch die Eintragung im Grundbuch, aber nur dann, wenn ihnen ein gültiger Titel zu Grunde liegt. Das Grundbuchsanlegungsverfahren kann einen solchen Titel nicht ersetzen. Das Grundbuchsanlegungsgesetz betrifft nur die inneren Einrichtungen der neu anzulegenden Grundbücher; eine im Richtigstellungsverfahren unterlassene Anfechtung hat nur die formelle Rechtskraft einer bei Anlegung des Grundbuches erfolgten Eintragung zur Folge, kann aber den materiell Berechtigten nicht hindern, sein Recht im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen (E 13.Dezember 2001 98/07/0082; OGH 1. Dezember 1965, 2 Ob 407/65; E 14. Dezember 1995, 93/07/0178).“ VwGH, 98/07/0082 vom 13.12.2001)

Der Gerichtshof hat noch im Erk Slg 9336/1982 selbst darauf hingewiesen, dass der Begriff „Gemeinde“ auch die Summe der Nutzungsberechtigten bezeichnen könnte (VfSlg 9336/1982 Pkt III Z 1 Abs 2 der Begründung; diesem folgend nun auch VwGH 30.6.2011 Zl 2010/07/0091 VwSlg 18.171 A/2011 Pkt 6.3.2 aE) Es ist also die historische Vieldeutigkeit des Begriffes „Gemeinde“ zu berücksichtigen, wenn man die von der Grundbuchanlegung geschaffene Faktenlage interpretiert. (So stellte man 1917 im Ministerium des Innern aus Anlaß eines konkreten Falles historische Nachforschungen über die „Gemeindeverhältnisse (…) in Tirol an und kam zum Ergebnis, „für die früheren Zeiten [könne] nur auf Grund spezieller Untersuchung jedes einzelnen Falles ein Urteil über das Verhältnis zweier Gemeinden gefällt werden. Steuergemeinde, Wirtschafts- und politische Gemeinde fallen in jener Zeit nicht immer zusammen, sondern stehen zu einander in verschiedenartig abgestuftem Verhältnisse“: AVA Wien, MdI, 14181/1917; ausführlich zur Unschärfe und Mehrdeutigkeit des „Gemeindebegriffs“: Kohl, Die Forstservitutenablösung im Rahmen der Tiroler Forstregulierung 1847, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler (Hrsg), Die Agrargemeinschaften in Tirol, 121 ff) Hinzu kommt: Eine falsche oder irreführende Grundbuchseintragung hat keine konstitutive Bedeutung im Verhältnis zum wahren Berechtigten (VwGH, 98/07/0082 vom 13.12.2001 uam). Sie bedurfte der Richtigstellung durch die Agrarbehörde, keinesfalls des Schutzes durch Art 5 StGG 1867 bzw Art 1 des 1. ZPrMRK. Die Agrarbehörden, welche heute zu prüfen haben, ob Gemeindeeigentum rechtswidrig auf Agrargemeinschaften übertragen wurde, werden deshalb zu beachten haben, dass wahres Gemeindeeigentum nur aufgrund eines tauglichen Titels entstehen konnte. Wer wahrer Eigentümer im Zeitpunkt der Regulierung war, ist mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zu prüfen. (VfGH VfSlg 19.262/2010 vom 10.12.2010, Pkt II.A 2.3.6.1. Abs 1 der Begründung: „Die Agrarbehörden sind bei Verfahren wie diesem mithin gehalten, die Eigentumsverhältnisse im Zeitpunkt der Regulierung zu klären und dabei alle zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen.“)

Eigentum, das im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 durch die jeweilige Gemeinschaft von Nutzungsberechtigten als Ablösegrundstück übernommen wurde, müsste aufgrund eines Eigentumstitels auf die heutige Ortsgemeinde übertragen worden sein. Ein Eigentumsübergang von Gesetzeswegen ist schon aufgrund der klaren Bestimmungen der §§ 26 prov. GemG 1849 bzw 12 TGO 1866 in Verbindung mit den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Eigentumserwerb auszuschließen. Der Eigentumstitel „Quasi-Erbschaft“ existiert nicht. (VfGH VfSlg 19.262/2010, Pkt II A 2.4.2. Abs 2 der Begründung: „…Bei dieser Sicht erweist sich auch die Feststellung der belangten Behörde, die Fraktion sei „Rechtsvorgängerin der Gemeinde“ (Seite 17 des angefochtenen Bescheides), als verfassungsrechtlich unbedenklich, weil sie offenkundig nicht auf dem Gedanken einer „Quasi-Erbschaft“ der politischen Ortsgemeinde beruht (vgl. dazu Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler [Hrsg], Die Agrargemeinschaften in Tirol [2010] 223 [228 ff]).“) Wurde eine „Gemeinde“, „Fraktion“, „Ortschaft“ oder „Katastralgemeinde“ unter Bezugnahme auf die Maßnahmen der Tiroler Forstregulierung 1847 einverleibt, wäre trotzdem von historischem Eigentum einer (nicht regulierten) Agrargemeinschaft auszugehen, weil aus der Tiroler Forstregulierung von 1847 servitutsfrei gestelltes Staatseigentum und Privateigentum der „holzbezugsberechtigten“ historischen Liegenschaftseigentümer hervorgegangen ist. (267-OAS/61 vom 12.10.1961; 234-OAS/60 vom 05.09.1960; aus der Literatur vgl nur Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, aaO, 244: „Völlig klar ist die Diktion dieses kaiserlichen Patentes auch in dem Punkt, dass es sich dabei um privates Eigentum handelte. (Das deckt sich mit dem zuvor zitierten Begriff des ABGB.) Die genaue zivilrechtliche Konstruktion – gemeinschaftliches Eigentum oder dingliche Rechte am ausschließlichen Eigentum der (Real-) “Gemeinde“ als juristische Person – kann dabei aus heutiger Sicht dahingestellt bleiben. Entscheidend ist, dass es sich um private Rechte sowohl der „Gemeinde“ als auch der Nutzungsberechtigten handelt. Die These, dass die Nutzungsverhältnisse an diesen Wäldern öffentlich-rechtlicher Natur sind (wie sie die österreichische Verwaltungsrechtslehre seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einhellig vertritt), ist nur für die auf die politischen Gemeindeordnungen zurückgehenden Nutzungsrechte der Gemeindeeinwohner am Gemeindegut im Sinn der politischen Gemeindegesetzgebung (ab 1849) zutreffend. Schon deshalb ist aber auch die Schlussfolgerung unzulässig, dass die durch das kaiserliche Patent dem privaten Eigentum der Real-„Gemeinden“ überlassenen Liegenschaften als Eigentum der politischen Gemeinde zu qualifizieren sind.“)

In derartigen Fällen hat die agrarbehördliche Regulierung gerade kein Gemeindeeigentum auf die Agrargemeinschaft übertragen, sondern es wurde geprüft und entschieden, dass die Agrargemeinschaft Eigentümerin war und ist. Die rechtskräftige und vollstreckbare Entscheidung über die Eigentumsverhältnisse (vgl § 14 Agrarverfahrensgesetz) bewirkte dann, wenn diese Entscheidung auf Eigentum einer Agrargemeinschaft lautete, eine Umgründung des agrargemeinschaftlichen Vermögens in der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft. Die Einverleibung der Agrargemeinschaft im Grundbuch stellte sich somit als Berichtigung einer unrichtigen bzw irreführenden Grundbucheintragung dar.

b) Zur Interpretation des historischen Grundbuchstandes

Sowohl der Eigentumstitel, als auch die im C-Blatt einverleibten historischen Lasten oder die Feststellungen der Agrarbehörde zu den historischen Nutzungsverhältnissen geben wertvolle Hinweise zur Klärung der Eigentumsfrage. Der VfGH war im Erkenntnis B 984/09 vom 05.03.2010 (AGM Tanzalpe Jerzens) mit dem Sachverhalt konfrontiert, dass die Agrarbehörde im Jahr 1927 (!) von bücherlichem Gemeindeeigentum ausgegangen war, so wie dieses im Grundbuch im Jahr 1906 aufgrund „FEPT 1848“ einverleibt worden war. Die Gemeinschaft der nutzungsberechtigten Liegenschaftseigentümer war jedoch bereits in einer Alpordnung aus dem Jahr 1554 (!) erfasst worden. 1965 war über die Eigentumsverhältnisse an dieser Alpe durch einen weiteren Bescheid der Agrarbehörde gem § 38 Abs 1 TFLG 1952 dahingehend entschieden worden, dass die Agrargemeinschaft als Eigentümerin festgestellt worden war, welche sich aus diesen, schon in der Alpordnung 1554 definierten, später mit Hausnummern erfassten, Liegenschaftseigentümern, zusammen setzte. Unter einem wurde das Grundbuch berichtigt und diese Agrargemeinschaft als Eigentümerin einverleibt. Zu beurteilen war, ob die Liegenschaft jemals Eigentum der politischen Ortsgemeinde war.

Ein solcher Sachverhalt beweist in idealtypischer Weise das Eigentum einer Gemeinde nbR (gem §§ 26f ABGB, die sich aus Nutzungsberechtigten zusammensetzt). Eine Gruppe von Liegenschaftseigentümern, definiert durch bestimmte Hausnummern, stützt ihr „Nutzungsrecht“ auf eine (schriftliche) Alpordnung aus dem Jahr 1554, dh auf die Ausübung von „Nutzungseigentum“ über einen Zeitraum von zumindest 450 (!) Jahren. Wer, wenn nicht diese geschlossene Gruppe der historischen Nutzungsberechtigten soll 1847 Rechtsnachfolger des Landesherrn in das feudale Obereigentum geworden sein? Neuerlich ist auf die Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuches auch für den historischen Tiroler Rechtsraum hinzuweisen! Die als Eigentümerin im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 „purifizierte“ (als Privateigentümerin anerkannte) „Gemeinde“ kann nur die „Gemeinde der Alp-Nutzungsberechtigten“ gewesen sein – nicht die Kirchengemeinde, nicht die Steuergemeinde, nicht die Schulgemeinde oder eine andere politische Gemeinde und insbesondere auch nicht die „holzbezugsberechtigte Gemeinde“, welche sich mit Forstservituten-Ablösungsvergleich von 7. Jänner 1848 mit dem k.k. Aerar über die Ablösung der Forstservituten auf eine Ablösefläche geeinigt hatte.

Die aus der Zeit der Grundbuchsanlegung von 1906 stammenden Eigentümerbezeichnung, welche sowohl die Ablöseliegenschaft aus dem Forstservituten-Ablösungsvergleich von 7. Jänner 1848, als auch die als Privateigentum „purifizierte“ Almliegenschaft einer „Gemeinde Jerzens“ zuordnete, ist deshalb schlich falsch. Die „alpnutzungsberechtigte Gemeinde“ wäre von der „forstnutzungsberechtigten Gemeinde“ zu unterscheiden gewesen, weil sich der Kreis der Berechtigten zwar überschneidet, aber nicht ident war und ist – wie die Agrarbehörde in aufwendigen Erhebungen später feststellte. Beide „Gemeinden, zusammengesetzt aus Nutzungsberechtigten“ wären von der politischen Ortsgemeinde Jerzens zu unterscheiden gewesen. Es lag Klassenvermögen gem §§ 26 prov. GemG 1849 bzw 12 TGO 1866 vor. Die Annahmen der Agrarbehörde zu den Eigentumsverhältnissen im Jahr 1927 waren falsch; die bescheidmäßige Klärung der Eigentumsverhältnisse durch die Agrarbehörde im Jahr 1965 war richtig.

Zu einem anderen Ergebnis führt die Beurteilung des historischen Grundbuchstandes beispielsweise im Fall einer Schulliegenschaft: Die im Tiroler Grundbuch im Zuge der Grundbuchsanlegung mehrfach unter Hinweis auf den Eigentumstitel „Ersitzung“ einverleibte „Schulgemeinde“ repräsentiert selbstverständlich keinen geschlossenen Kreis von Gemeindegliedern – und daher kein „Classenvermögen“ gem §§ 26 prov. GemG 1849 bzw 12 TGO 1866; vielmehr ist ein solcher Eigentumsträger – jedenfalls dann, wenn es sich nicht zufällig um eine kirchliche Einrichtung handeln sollte – typischerweise als Ortsgemeinde zu identifizieren. (Beispiele: Liegenschaft in EZ 8 Grundbuch See: Eigentümerin „Schulgemeinde See“, Eigentumsrecht aufgrund Ersitzung; Liegenschaft in EZ 67 Grundbuch Längenfeld: „Schulgemeinde Bruggen“, Eigentumsrecht aufgrund Ersitzung; Liegenschaft in EZ 299 Grundbuch Längenfeld: „Schulgemeinde Dorf“, Eigentumsrecht aufgrund Kaufvertrages vom 17. März 1897; EZ 432 Grundbuch Längenfeld: „Schulgemeinde Unterried“, Eigentumsrecht aufgrund Ersitzung; EZ 967 Grundbuch Längenfeld: „Schulgemeinde Huben“, Eigentumsrecht aufgrund Ersitzung; EZ 968 Grundbuch Längenfeld: „Schulgemeinde Oberlängenfeld“, Eigentumsrecht aufgrund Kaufvertrages vom 28. August 1908)

Zu beachten ist, dass eine „Gemeinde nbR gem § 26f ABGB“ als Trägerin von „Classenvermögen“ (§§ 26 prov. GemG 1849 bzw 12 TGO 1866) sich nicht notwendig aus bäuerlichen Liegenschaftseigentümern zusammensetzte. Der Ministerialerlaß vom 11. Dezember 1850 (Z. 13353) erwähnte die Besitzer gewisser Häuser, wie z.B. die brauberechtigten Bürger, mit eigenem Vermögen als Beispiel, auf welches sich der § 26 prov. GemG 1849 beziehe. (§ 8 Erlaß des MdI vom 11.12.1850, Zl. 13353: Das Gemeinde-Gesetz vom 5. März 1862 (MTA IX), Wien 1869, 224ff (226) – ausführlich dazu: Mayer, Politische Ortsgemeinde versus Realgemeinde, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol, 201 f) Für das historische Tirol von größerer praktischer Bedeutung als die „Braukommune“ war die „Schießstand-Gemeinde“, welche im Zuge der Tiroler Grundbuchanlegung als Eigentümerin mehrerer offensichtlich nicht agrargemeinschaftlich genutzter Gemeinschaftsliegenschaften einverleibt wurde. (ZB: „k.k. Gemeinde-Schießstand in Tannheim“, „k.k. Gemeindeschießstand Längenfeld“, „k.k. Gemeinde-Schießstand Kartisch“ oder „k.k. Gemeinde Schießstand Innervillgraten“) Wenig überraschend ist, dass die Eigentümerbezeichnung derartiger Liegenschaften in späteren Jahren regelmäßig auf die Bezeichnung der jeweiligen örtlichen Schützenvereine berichtigt wurde. (ZB: Liegenschaft in EZ 203 II KG Tannheim: ursprünglich einverleibt „k.k. Gemeinde-Schießstand in Tannheim“; 1929 aufgrund Erkenntnisses der Tiroler Landesregierung Zl IV 2/222 berichtigt auf „Schützengilde Tannheim“)

c) Zwischenergebnis

Aus der Sicht des Erk VfSlg 18.446/2008 konnten im konkreten Fall nähere Überlegungen zu den historischen Eigentumsverhältnissen am Regulierungsgebiet unterbleiben, weil im erstinstanzlichen Bescheid vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006, die politische Ortsgemeinde ausdrücklich als ursprüngliche Eigentümerin des Regulierungsgebietes festgestellt war und diese Sachverhaltsfeststellung im weiteren Verfahrensverlauf offensichtlich von niemandem bestritten wurde. Der Gerichtshof hatte deshalb im Erk Slg 18.446/2008 von historischem Eigentum der Ortsgemeinde auszugehen. Der (zusätzliche) Hinweis des Gerichtshofes auf eine im B-Blatt des historischen Grundbuchs angeschriebene „Gemeinde“ war überflüssig und verfehlt, weil die bloße Intabulation eben gerade kein Eigentum verschafft. Im Bestreitungsfall wären die historischen Eigentumsverhältnisse, insbesondere der angezogene Eigentumstitel, zu überprüfen gewesen.

3. Unklarheit in den historischen Behördenentscheidungen?

Ebenfalls durch den erstinstanzlich festgestellten, im weiteren Verfahren unbestrittenen Sachverhalt vorgegeben war im Erk Slg 18.446/2008 eine historischen Behördenabsicht, wonach die Rechtsposition der Agrargemeinschaft am Regulierungsgebiet als „nudum jus“ verbunden mit agrarischen Nutzungsrechten definiert worden wäre. Der Bescheid der Tiroler Agrarbehörde I. Instanz vom 09.11.2006 AgrB-R741/362-2006, insoweit im Erk Slg 18.446/2008 wiedergegeben, erklärt dazu wörtlich folgendes: „Die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme … erfolgte ohnehin als nudum jus, als nacktes Recht, weil der Regulierungsplan für Gemeindegut regelmäßig nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festschrieb. Mehr Recht sollte und wurde auch durch die Zuordnung von Eigentum an die AG als Regulierungsmaßnahme der Agrarbehörde nicht vermittelt … Diese Tatsache spiegelt sich ebenso in allen agrarbehördlichen Regulierungsakten wieder, wenn es um die Regulierung von Gemeindegut ging.“ ((Wörtliche Widergabe des bescheidmäßig zu AgrB-R741/362-2006, Bescheid vom 9.11.2006 des Amtes der Tiroler Landesregierung, festgestellten Sachverhaltes durch die Tiroler Agrarbehörde, in: VfSlg 18.446/2008 Pkt I der Begründung, Seite 5 der Originalfassung)

Eine historische Behördenabsicht, welche die „Zuordnung des Eigentums“ am agrargemeinschaftlichen Grundstück als „nudum jus, als nacktes Recht“ verstanden hätte, bedarf schon deshalb der kritischen Hinterfragung, weil eine derartige Behördenabsicht die Substanz vom nudum jus (samt den agrarischen Nutzungen) abgetrennt hätte. Es wäre „dauernd belastetes Eigentum“ geschaffen worden, welches nach dem Muster eines feudalen Rechtsverhältnisses gewisse Nutzungen zuweist (Unter-, oder Nutzungseigentum), jedoch das „Obereigentum“, die Substanz, dauernd einem anderen Rechtsträger vorbehält. Eine solche historische Absicht der Agrarbehörde stünde in offenem Widerspruch mit der durch Art 5 StGG 1867, Art 1 des 1. ZPrMRK und Art 7 StGG konstituierten bundesverfassungsrechtlichen Eigentumsordnung, der Institutsgarantie des Eigentums (Art 5 StGG) sowie dem Verbot zur Begründung von „Schuldigkeiten oder Leistungen“ aus dem Titel des geteilten Eigentums (Art 7 StGG). Seit dem Jahr 1867 durfte und konnte „geteiltes Eigentum“ in Österreich nicht mehr neu errichtet werden; mit BG vom 24. Juni 2006 BGBl 113/2006 wurden die Regelungen des ABGB über das geteilte Eigentum als obsolet aufgehoben. Die erstinstanzlichen Feststellungen der Tiroler Agrarbehörde vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 unterstellten deshalb eine historische Behördenabsicht, welche auf eine gegen Art 5 StGG und Art 7 StGG verstoßende „Eigentumsspaltung“ hinausgelaufen wäre.

Zwar ist der Gerichtshof einer solchen Interpretation entgegen getreten. Ausdrücklich wurde klargestellt, dass eine rechtskräftige Entscheidung über Eigentum vorliege. (VfSlg 18.446/2008, Seite 14 f der Originalfassung; vgl schon VfSlg 17.779/2006) Die Auswirkungen einer solchen Behördenabsicht wurden vielmehr auf das Innenverhältnis unter den Anteilsberechtigten eingeschränkt. Die Frage ist freilich, ob bei der Interpretation der historischen Rechtsakte eine solche historische Behördenabsicht ohne weiteres unterstellt werden darf. Diese Frage ist aber, wie gesagt, im Verfahren von keiner Seite thematisiert worden.

a) Die „Institutionsgarantie“ der Art 5 und 7 StGG 1867

Art 5 StGG 1867 erfüllt nach einhelliger Auffassung der Verfassungslehre eine doppelte Funktion: Die persönlichkeitsbezogene Individualfunktion, in der die Privatnützigkeit des Eigentums zum Ausdruck kommt, und die gesellschafts- und wirtschaftspolitische Funktion (Korinek, Art 5 StGG 1867, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Rz 1 mwN ). Letztere sichert im Kontext der sonstigen Grundrechte des Wirtschaftslebens eine marktwirtschaftliche Ordnung durch Aufteilung von Chancen und Risken im Wirtschaftsprozess als Zurechnungsregel der wirtschaftlichen Folgen von Entscheidungen. Man spricht von der „Institutionsgarantie“ des Eigentums. „Historisch gesehen richtet sich die in Art 5 StGG gewährleistete Eigentumsfreiheit vor allem gegen ständische Privilegien der Grundherrn als `Obereigentümer´ und die damit verbundenen Abhängigkeiten und Leistungsverpflichtungen des bäuerlichen Eigentums“. Schon mit Inkrafttreten des ABGB 1811 war sog. „geteiltes Eigentum“ nur in den gesetzlich vorgeschriebenen Formen möglich und im Zweifel nicht anzunehmen (Spielbüchler, in Rummel ABGB² (2000) Rz 1 zu §§ 357 – 360). § 359 ABGB (1811) – 2006 wegen (angeblicher) Gegenstandslosigkeit aufgehoben (Deregulierungesetz 2006, BGBl 2006/113, RV 1410 der BlgNr XXII GP) – gestattete die Absonderung des Rechtes auf die Substanz vom Recht auf die Nutzung durch Verfügung des Eigentümers oder kraft Gesetzes. „Nach Verschiedenheit der zwischen Ober- und Nutzungseigentümer obwaltenden Verhältnisse“ wurden „die Güter, worin das Eigentum geteilt ist, Lehen-, Erbpacht- und Erbzinsgüter genannt“ (§ 359 ABGB idF 1811). „In allen Fällen, in welchen die Trennung des Rechts auf die Substanz von dem Recht auf die Nutzungen nicht ausdrücklich erhellet“, war „jeder redliche Besitzer als vollständiger Eigentümer anzusehen“ (§ 360 ABGB S 2 idF 1811).

Bereits aufgrund Art 7 StGG 1867 galt das verfassungsrechtliche Verbot, Liegenschaften mit dauernden unablösbaren Leistungen „nach Art des geteilten Eigentums“ zu belasten (Spielbüchler, aaO; Zellenberger, Art 7 StGG, in: Korinek/Holoubek (Hrsg), Bundesverfassungsrecht, Rz 1 ff). Diese Bestimmung rundet die gesellschafts- und wirtschaftspolitische Institutionsgarantie des Eigentums gem Art 5 StGG 1867 ab: Jede aus dem Titel des geteilten Eigentums auf einer Liegenschaft haftende Schuldigkeit oder Leistung wurde für ablösbar erklärt; jede Neubegründung von unablösbaren Reallasten – unabhängig davon, ob aus dem Titel des öffentlichen oder des privaten Rechts – wurde ausgeschlossen. Seit Inkrafttreten des StGG 1867 können deshalb in Österreich aus dem Titel des geteilten Eigentums keinerlei Lasten oder Ansprüche begründet werden; die Zuordnung der „Substanz“ einer Liegenschaft an jemanden anderen als den zivilen Eigentümer ist seither verfassungswidrig. Ein historischer Behördenwille, mit dem solches verfügt wurde, wäre deshalb mit Blick auf Art 7 StGG 1867 als verfassungswidrig zu beurteilen. In diesem Sinn hatte der VfGH schon einer Absonderung des Jagdrechtes vom Eigentumsrecht einen Riegel vorgeschoben (VfSlg 1712/1948).

Was bedeutet dies für die Interpretation der historischen Behördenakte? Wollte die historische Agrarbehörde unter Verstoß gegen Art 7 StGG in den Regulierungsverfahren „geteiltes Eigentum“ schaffen, so war dies offenkundig verfassungswidrig. Die Institutionsgarantie des Eigentums, wonach „geteiltes Eigentum“ nicht mehr begründet werden darf, verlangt, dass die historischen Behördenakte im Zweifel so ausgelegt werden, dass keine Spaltung des zivilen Eigentums stattgefunden hat.

Die von der Agrarbehörde erster Instanz im Bescheid vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 unterstellte historische Behördenabsicht hätte deshalb wegen deren Verfassungswidrigkeit (Verstoß gegen Art 5 iVm Art 7 StGG) auf Bedenken des Gerichtshofes stoßen sollen – dies auch dann, wenn diese Unterstellung im erstinstanzlichen Bescheid von der betroffenen Agrargemeinschaft (wie geschehen) nicht bekämpft wurde. Die Feststellung zielt nämlich auf „geradezu Unmögliches“ (vgl § 878 ABGB) ab: „Substanz“ ist seit StGG 1867 kein denkbares Substrat, über welches dauerhaft abgesondert vom Eigentumsrecht disponiert werden könnte. Das Verbot zur Begründung von „unablösbaren Grundlasten aus dem Titel des geteilten Eigentums“ gilt gerade auch für die politischen Behörden.

b) Albert Mair als Gewährsmann für einen „Substanzvorbehalt“?

Im Bescheid 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 beruft sich die Behörde als Beleg für die festgestellte Behördenabsicht auf die Abhandlung „Probleme der Regulierung des Gemeindegutes“ von Albert Mair. (Amt der Tiroler Landesregierung, Bescheid vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006: „Die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme … erfolgte ohnehin als nudum jus, als nacktes Recht, … Mehr Recht sollte und wurde auch durch die Zuordnung von Eigentum an die AG als Regulierungsmaßnahme der Agrarbehörde nicht vermittelt (vgl. dazu die rechtliche Abhandlung des Agrarbehördenleiters in der Veröffentlichung Probleme der Regulierung des Gemeindegutes im Tiroler Bauernkalender 1966, Seite 251 ff)“ – zitiert nach VfSlg 18.446/2008, Pkt I der Begründung, Seite 5 des Originalerkenntnisses)

Tatsächlich beweist die Abhandlung von Albert Mair jedoch gegenteilige Absichten der historischen Akteure! Mair wörtlich zur Frage des Eigentums am „Gemeindegut“: „Eine körperschaftlich rechtsfähige Agrargemeinschaft, deren Existenzvoraussetzung ihrer Rechtsnatur nach die agrargemeinschaftlichen Grundstücke bilden, ist ohne ein tatsächliches Eigentum an dem für die Agrargemeinschaft essentiellen Substrat, nämlich dem gemeinschaftlichen Grund und Boden, unvorstellbar und praktisch widersinnig. Die Agrargemeinschaft leitet sich historisch von der Wirtschaftsgemeinde ab und ist nicht eine bloße Nutzungsgemeinschaft, sondern auch eine Eigentums- und Sachgemeinschaft öffentlichen Rechts.“ (Albert Mair, Probleme der Regulierung des Gemeindegutes, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol, 2010, 27)

Wie Raschauer zu Recht festgestellt hat, mag diese Rechtsauffassung mit Blick auf die Tatsache, dass die Agrargemeinschaft in erster Linie durch die gemeinschaftliche Nutzung einer Liegenschaft determiniert ist, überzogen erscheinen. (Raschauer, Rechtskraft und agrarische Operation nach TFLG, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 274) Wesentlich für die Interpretation der historischen Rechtsakte der Tiroler Agrarbehörde ist eine solche Aussage des langjährigen Leiters der Tiroler Agrarbehörde jedoch allemal. Diese Aussage belegt, dass gerade auch in jener Zeit, als die Agrargemeinschaft Mieders reguliert wurde (der Regulierungsplan stammt vom 9.1.1963), die Tiroler Agrarbehörde die Agrargemeinschaft in der Regel als „Eigentums- und Sachgemeinschaft“ verstanden hat. („Die Agrargemeinschaft leitet sich historisch von der Wirtschaftsgemeinde ab und ist nicht eine blosse Nutzungsgemeinschaft, sondern auch eine Eigentums- und Sachgemeinschaft öffentlichen Rechts.“ (Mair, Probleme der Regulierung des Gemeindegutes, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 27)

aa) Die Agrargemeinschaft als Nutzungseigentümerin gem § 357 ABGB?

Die Idee einer Agrargemeinschaft als Unter- oder Nutzungseigentümerin gem § 357 ABGB (idF 1811) existierte offensichtlich schon im Jahr 1958 – andernfalls Mair in seinem Referat vor den Österreichischen Agrarbehördenleitern keinen Anlass gehabt hätte, sich so deutlich zu äußern. Gerade dadurch ist jedoch heute dem Versuch, Mair als Beleg für eine Behördenabsicht zur Regulierung von bloßem Nutzungseigentum heranzuziehen, jeglicher Boden entzogen. Mair wird in seinen weiteren Ausführungen sogar noch deutlicher: „Es kann doch dem Gesetzgeber ausgeschlossen zugetraut werden, dass er durch die Normen der Regulierung, die Rechtssicherheit schaffen und Unklarheit beseitigen sollen, auch das Nebeneinanderbestehen zwischen rechtsfähiger Agrargemeinschaft auf der einen Seite und bloßem nacktem [Tabular-]Eigentum der Gemeinde auf der anderen Seite .. für möglich hielt, …“ Mair abschließend: „Die Rechtsposition der Gemeinde ist praktisch auch nach Abschluss des Regulierungsverfahrens und Einrichtung einer körperschaftlichen Agrargemeinschaft, ob die Gemeinde nunmehr Eigentümerin bleibt oder nicht, die vollkommen gleiche, sodass auch die Umschreibung des Eigentums in tatsächlicher Hinsicht für die Gemeinde keinerlei Rechtsnachteile nach sich zieht.“

Mair und „seine Juristen“ gingen dementsprechend von einem theoretischen Konzept der Agrargemeinschaft aus, welche diese nicht nur als Nutzungsgemeinschaft verstand, sondern als „Eigentums- und Sachgemeinschaft“. Dies auch im Zustand vor der „Eigentumsumgründung“. Die politische Ortsgemeinde wurde als Tabularbesitzerin verstanden, an deren Rechtsposition die Eigentumsumgründung nichts ändere: Offensichtlich hat man die Ortsgemeinde schon vor der Regulierung der Agrargemeinschaft nicht als Eigentümerin verstanden und sie wurde dies schon gar nicht als Ergebnis des Regulierungsverfahrens – zumindest nicht im Regelfall. Trotzdem hatten die Agrarbehörden dafür Sorge getragen, dass der Ortsgemeinde ein Anteil an der Agrargemeinschaft zugestanden wurde, wenn sich die Nutzungsberechtigten und die „Gemeindeöffentlichkeit“ auf eine Mitnutzung durch diese (irgendwann in der Vergangenheit) verständigt hatten. Die Ortsgemeinde wurde dadurch mit einem Substanzanteil bedacht, der ihr historisch gesehen unter Umständen niemals zugestanden hatte.

bb) Zur historischen Begründung dieser Eigentumsbeurteilung

Die Rechtsauffassung Albert Mairs zu den Eigentumsverhältnissen fand ihre Grundlage in seiner Analyse der Tiroler Forstregulierung 1847, die er zutreffend als „rechtliche Sanktionierung des tatsächlichen Besitzstandes der Realgemeinden“ charakterisierte, weshalb „das ehemalige gemeinschaftliche Allmendgebiet der Gesamtheit der Nutzungsberechtigten nach gesetzlichem Willen zu Besitz und Eigentum zufallen“ sollte (Albert Mair, aaO 22). Auch wenn Mair die Tiroler Forstregulierung 1847 nicht in den großen Zusammenhang der generellen Beseitigung der feudalen Eigentumsstrukturen einzuordnen vermochte, so hatte er doch das richtige Ergebnis erarbeitet: Aus den Maßnahmen der Tiroler Forstregulierung 1847 war – soweit der Landesfürst (und heute die Republik Österreich als dessen Nachfolger) das holzbezugsfreie Eigentum nicht zurückbehalten hatte – Privateigentum der ehemaligen Nutzungseigentümer als Gemeinschaft, zwangsorganisiert in den betreffenden „holzbezugsberechtigten Gemeinden“, oder Einzeleigentum der ehemals „Holzbezugsberechtigten“ hervorgegangen.

In einem von Albert Mair persönlich verantworteten Bescheid aus dem Jahr 1962 macht Mair deutlich, dass die Tiroler Agrarbehörde diese Rechtsauffassung zur Tiroler Forstregulierung 1847 vollinhaltlich teilte: „Nach Erlass XXXVI `Regulierung der Tiroler Forstangelegenheiten´, kundgemacht in der Provinzialgesetzessammlung für Tirol und Vorarlberg vom Jahr 1847, Seite 253, wurde bewilligt, dass die künftig den Untertanen vorbehaltenen, in den landesfürstlichen Staatswaldungen zustehenden Holzbezugsrechte durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forstteile in das Eigentum der betreffenden Gemeinden, denen sie angehören, abgelöst werden. Hierbei ist von Bedeutung, dass sich der heutige Gemeindebegriff von dem damaligen wesentlich unterscheidet. Die Gemeinden, die im Jahre 1847 noch nicht körperschaftlich eingerichtet waren, wurden als Wirtschaftsgemeinden, als die Gesamtheit der Nutzungsberechtigten verstanden. Man wollte durch die Abtretung der landesfürstlichen Wälder an diese Gesamtheit den Bestand großer Waldkomplexe sichern, Aufsplitterung auf die einzelnen Berechtigten vermeiden, die Lawine der Gerichtsprozesse zwischen Eingeforsteten und dem Landesfürsten mindern und über diese dem Fürsten die Grundsteuer für die übertragenden Waldkomplexe sichern.“ (Bescheid vom 12.12.1962 III B1-1768/9 (Regulierung des Gemeindegutes von Fügen – Dr. Albert Mair)

cc) Zur Absicht der historischen Agrarbehörde

Die Analyse der historischen Texte erweist die Unterstellung einer Behördenabsicht, wonach im Zuge der Regulierung „nudum jus, nacktes Recht“ von der Gemeinde auf die Agrargemeinschaft „übertragen“ worden sein soll, wurde, als Rabulistik ((Bescheid der Tiroler Agrarbehörde I. Instanz vom 09.11.2006, AgrB-R741/362-2006, zitiert gem Seite 5 des Originalerkenntnisses Slg 18.446/2008: „Die Zuordnung des Eigentums am Gemeindegut an die Agrargemeinschaft als Regulierungsmaßnahme […] erfolgte ohnehin als nudum jus, als nacktes Recht, weil der Regulierungsplan für Gemeindegut regelmäßig nur die damals (allein zulässige!) agrargemeinschaftliche Wald- und Weidenutzung festschrieb“):
Dadurch, dass die Ausgangslage für entsprechende Überlegungen der historischen Agrarjuristen, nämlich das unterstellte Recht der nicht regulierten Agrargemeinschaft am außerbücherlichen Eigentum, verschwiegen wird, entsteht ein grob irreführender Eindruck: Nackter Buchbesitz wurde nicht deshalb „übertragen“, um die „Substanz“ vom Eigentum zu spalten, sondern mit gegenteiligem Hintergedanken: Ein (fälschlich) der Ortsgemeinde zugeordneter „nackter Tabularbesitz“ sollte mit dem außerbücherlichen Eigentum in der Agrargemeinschaft zusammengeführt werden. Die Substanz wurde nämlich schon vor der Berichtigung des Grundbuchstandes der Agrargemeinschaft zugeordnet! Dies war die allgemeine Rechtsauffassung der „älteren Schule“ der Tiroler Agrarjuristen – in diese Richtung ging der historische Behördenwille. Die Tiroler Agrarjuristen waren überzeugt, dass die Ortsgemeinde nur über „nackten Tabularbesitz“ disponierte, dh. Buchbesitz ohne inhaltliche Berechtigung, weshalb die „Eigentumsumschreibung“ eben gerade keine Auswirkung zeige (Albert Mair, aaO 27 f ). Die Tatsache, dass man „nackter Tabularbesitz“ überhaupt als Rechtsposition erfasst hat, ist aus der Sicht des Regulierungsverfahrens (Begründung der Parteistellung) verständlich.

c) Zum historischen Verständnis des Begriffes „Gemeindegut“

Der Begriff „Gemeindegut“ wurde – aus heutiger Sicht – somit irreführend und keinesfalls im Sinne der Begrifflichkeit des politischen Gemeinderechts verwendet. Als „Gemeindegut“ wurden insbesondere auch Liegenschaften bezeichnet, die grundbücherlich rechtsirrig einer Ortsgemeinde zugeschrieben waren, tatsächlich jedoch außerbücherliches Eigentum der „alten Agrargemeinde“ darstellten.

aa) Mairs Verständnis des Begriffs „Gemeindegut“

In dem bereits zitierten Bescheid zur Einleitung des Regulierungsverfahrens betreffend das „Gemeindeguts“ von Fügen-Fügenberg machte Mair in außergewöhnlich klaren Worten deutlich, wie die historischen Regulierungsbescheide richtig zu verstehen sind: „In diesem Zusammenhang scheint im Interesse der Information der am Regulierungsverfahren Beteiligten eine kurze Darlegung der geschichtlichen Entwicklung des Gemeindegutes von Nöten, womit der Nachweis erbracht wird, dass den Gemeinden, die bislang die Stellung einer treuhändischen Verwaltung des Gemeindegutes zur Sicherung der Nutzungsansprüche der Beteiligten hatten, nicht entzogen wird, was sie bisher unbeschränkt in ihrem Eigentum besessen hätten. Nach Erlass XXXVI `Regulierung der Tiroler Forstangelegenheiten´, …“ (Bescheid vom 12.12.1962 III B1-1768/9 (Regulierung des Gemeindegutes von Fügen – Dr. Albert Mair).
„Gemeindegut“ waren bei Mair sohin insbesondere auch jene Liegenschaften, welcher im Zuge der Tiroler Forstregulierung 1847 als (gemeinschaftliches) Privateigentum anerkannt wurden (seit der TFLG-Novelle 1984 als eigener Tatbestand agrargemeinschaftlicher Liegenschaften erfasst).

bb) Der Sprachgebrauch des Landesagrarsenates

Die historischen Entscheidungen des LAS Tirol aus den Folgejahren zeigen, dass der Sprachgebrauch Mairs und sein Rechtsverständnis zur Verwendung des Begriffes „Gemeindegut“ dem allgemeinen Verständnis der Tiroler Agrarbehörden entsprach: Unter dem Vorsitz des späteren Verfassungsrichters Andreas Saxer hat der LAS Tirol beispielsweise am 5.8.1969 entschieden, dass „die Nutzung des Gemeindegutes rechtshistorisch gesehen aus der gemeinschaftlichen Allmendnutzung hervorgegangen“ sei, weshalb die „Form des Miteigentums ausgeschlossen und das Eigentum der Rechtsnachfolgerin der auf Gewohnheitsrecht beruhenden Realgemeinde, nämlich der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft, einzuräumen“ wäre“ (Landesagrarsenat Tirol, LAS-104/17 (Gemeindegut Trins, Regulierung). Wenn von „Gemeindegut“ gesprochen wurde, war eben nicht das „echte Gemeindegut“ gemeint, von dem der VfGH in den Erk Slg 9336/1982 und Slg 18.446/2008 ausging, sondern „agrarrechtliches Gemeindegut“ – eben solche Liegenschaften, die im Grundbuch rechtsirrig der politischen Gemeinde zugeordnet waren, sodass der Grundbuchstand ohne Eingriff in die Rechtsposition der Ortsgemeinde berichtigt werden konnte.

cc) Die weitere Entwicklung in Tirol

Den Sprachgebrauch und das Begriffsverständnis unmittelbar vor der Verlautbarung des Erk 9336/1982 betreffend, ist auf die im Erkenntnis selbst wiedergegebene und vom VfGH kommentierte Stellungnahme der Tiroler Landesregierung zu verweisen: „Der Ursprung ist das deutschrechtliche genossenschaftliche Institut der gemeinsamen Nutzung (Allmende), die dem jeweiligen Eigentümern berechtigter Höfe bzw den Gemeindeangehörigen als Allmendnutzungsberechtigten zustand. Für diese gemeinschaftliche Nutzung haben sich eigene Gemeinschaften (Nachbarschaften, frühere ursprünglich selbstständige Gemeinden) herausgebildet, die auch bei der Grundbuchsanlegung kraft ihres klar begrenzten Mitgliederkreises in der Regel vom übrigen Gemeindegut getrennt behandelt wurden. Sie gelten heute als Agrargemeinschaften. In vielen Gemeinden war jedoch die Gemeinde als solche, nämlich die alte so genannte ’Realgemeinde’ als Nutzungsgemeinschaft Zuordnungspunkt dieser Nutzungen. Dafür wurde dann der Begriff Gemeindegut verwendet. [….] Bei der Grundbuchsanlegung wurde einmal die Gemeinde, dann wieder eine Nachbarschaft, eine Fraktion, eine Interessentschaft, die Katastralgemeinde oder die Berechtigten als Miteigentümer eingetragen. es lag allein im Gutdünken des zuständigen Grundbuchsbeamten, welchen Ausdruck er verwendete. […] So gesehen zeigt sich, dass das Gemeindegut nur eine von mehreren historischen Ausformungen der land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsrechte darstellt. Das muss berücksichtigt werden, wenn man die heutigen bodenreformatorischen Regelungen unter den Blickwinkel des Gleichheitssatzes beurteilt. Die historischen Zufälligkeiten einer rein tatsächlichen Vorgehensweise dürfen nicht einseitig gesehen werden, weil dann das Gegenteil dessen erreicht werden würde, wozu der Gleichheitssatz verpflichtet, nämlich gleichgelagerte Verhältnisse auch rechtlich gleich zu behandeln.“ ((Äußerung der Tiroler Landesregierung aus dem Jahr 1981 im Zuge ihrer Stellungnahme im Gesetzesprüfungsverfahren Slg 9336/1982, zitiert nach Pkt I Z 4 der Begründung des Erkenntnisses)

Auch Anfang der 80er Jahre ging man in Tirol davon aus, dass unter „Gemeindegut“ (insbesondere) agrargemeinschaftliche Liegenschaften verstanden würden, hinsichtlich derer die Ortsgemeinde zu Unrecht im Grundbuch einverleibt war. Gemeindegut war somit für die Tiroler Agrarjuristen auch Anfang der 80er Jahre (noch) wahres Eigentum der Agrargemeinschaft, das im Grundbuch fälschlich der Ortsgemeinde zugeordnet war. Eine unterschiedliche Behandlung solcher Liegenschaften und anderer agrargemeinschaftlicher Grundstücke würde sich nach dem Verständnis der Tiroler Landesregierung von „Gemeindegut“ aus gleichheitsrechtlichen Gesichtspunkten verbieten. Nicht anders hat VfGH die Tiroler Landesregierung auch verstanden und kommentiert ((Äußerung der Tiroler Landesregierung aus dem Jahr 1981 im Zuge ihrer Stellungnahme im Gesetzesprüfungsverfahren Slg 9336/1982, zitiert nach Pkt I Z 4 der Begründung des Erkenntnisses): „Der VfGH ist mit der Vbg. Landesregierung aber auch der Meinung, dass das Bild des Gemeindegutes, das den Bodenreformgesetzen zugrunde liegt, ein völlig anderes ist. Grundsatzgesetz wie Ausführungsgesetz behandeln das Gemeindegut im Ergebnis wie eine einfache agrargemeinschaftliche Liegenschaft, die im Eigentum der Nutzungsberechtigten oder der von ihnen gebildeten Gemeinschaft steht. Dieses – im gemeinderechtlichen Befund nicht gedeckte – Bild der Bodenreformgesetze ist es, von dem auch die Tiroler Landesregierung in ihrer Äußerung ausgeht; …“ Erst in Konsequenz der Aufhebung der Bestimmung des § 33 Abs 2 lit c TFLG 1978 durch das Erk VfSlg 9336/1982 hat der Tiroler Landesgesetzgeber mit LGBl 18/1984 den Begriff des „Gemeindeguts“ im Flurverfassungsrecht als Eigentum der Ortsgemeinde definiert; das aus der Tiroler Forstregulierung 1847 hervorgegangene Gemeinschaftseigentum wurde unter einem als eigenständiger Tatbestand von agrargemeinschaftlichen Grundstücken definiert.

d) Zwischenergebnis

Die Feststellungen im Bescheid vom 9.11.2006 AgrB-R741/362-2006 zur historischen Behördenabsicht gründen somit nicht in den tatsächlichen historischen Verhältnissen, sondern in deren späterer irriger Interpretation. Eine derartige, möglicherweise nicht ganz unbeabsichtigte Fehlinterpretation der historischen Behördenbescheide kann schon bei Morscher im Jahr 1982 nachgewiesen werden (Morscher, Gemeinnutzungsrechte am Gemeindegut, ZfV 1982, 1 ff )
Morscher hatte den historischen Agrarjuristen unterstellt, sie würden „nicht einmal vor dem Nonsens“ zurückschrecken, „Gemeindegut anzunehmen, und gleichzeitig das Eigentum am betreffenden Grundstück einer Agrargemeinschaft […] zuzusprechen“ (Morscher, Gemeinnutzungsrechte am Gemeindegut, ZfV 1982, 5, FN 32). Dabei wurde von Morscher „übersehen“, dass das historische Tiroler Flurverfassungsrecht den Begriff „Gemeindegut“ eben im Sinn von Eigentum der Agrargemeinschaft verwendet hatte ((So nun ausdrücklich auch der VfGH 10.12.2010 VfSlg 19.262/2010, Pkt II A 2.3.6.3 der Entscheidungsbegründung) – genauso genommen konnte „Gemeindegut“ entweder im Eigentum einer Agrargemeinschaft stehen oder im Eigentum einer Agrargemeinschaft. Bereits anderenorts wurde aufgezeigt, dass es jedweder juristischen Sorgfalt und Genauigkeit widerspräche, den historischen Bescheiden der Tiroler Agrarbehörde, die vor der Veröffentlichung des Erkenntnisses VfGH Slg 9336/1982 erlassen wurden, einen Inhalt zu unterstellen, der vom damals geltenden Rechtsverständnis nicht gedeckt war (Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, aaO 238). Genau das würde jedoch gemacht, wollte man die Agrarbehördenbescheide aus dem Zeitraum vor der Umsetzung des Erk Slg 9336/1982 mit der Novelle zum TFLG 1984, LGBl 18/1984 in diesem Sinn missverstehen.

Die wesentliche Sachverhaltsgrundlage des Erk Slg 18.446/2008, wonach die historische Agrarbehörde trotz förmlicher Feststellung des Eigentumsrechtes auf die Agrargemeinschaft nie die Absicht gehabt hätte, über das Eigentumsrecht zu entscheiden, ist deshalb zu verwerfen. Die Idee „gespaltenen Eigentums“ mit einer Zuordnung „substanzloser Agrarnutzungen auf nacktem Eigentum“ einerseits und „eigentumslosen Substanzrechts“ andererseits, scheitert an Art 7 StGG 1867 und der Institutsgarantie des Eigentums durch Art 5 StGG 1867 sowie am nachweisbaren historischen Sprachgebrauch zum Begriff „Gemeindegut“. Seit Inkrafttreten des TRLG 1935 hatte die Tiroler Agrarbehörde den ausdrücklichen gesetzlichen Auftrag, im Zuge der Regulierung auch die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsbiet festzustellen (§ 38 Abs 1 TFLG 1935 und folgend). Die historischen Dokumente zu den Absichten der Tiroler Agrarjuristen erweisen, dass die Behörde ihrem gesetzlichen Auftrag nachkam, und tatsächlich über die Eigentumsverhältnisse abgesprochen hat. Der Begriff „Gemeindegut“ wurde dabei (typischerweise) zur Bezeichnung von agrargemeinschaftlichen Liegenschaften verwendet, welche bis zur Entscheidung der Agrarbehörde über die wahren Eigentumsverhältnisse und der Berichtigung des Grundbuchstandes irrig einer Ortsgemeinde bücherlich zugeschrieben waren.

4. Eigentumsrecht und Anteilsrecht

Insoweit das Eigentumsrecht in der Agrargemeinschaft reguliert wurde, muss sich dieser Umstand in entsprechenden Anteilsrechten zu Gunsten des (ehemaligen) Eigentümers niederschlagen. Diesem, das Erk VfSlg 18.446/2008 tragenden Rechtsgedanken, ist vollumfänglich zuzustimmen – ebenso der Aussage, dass „Eigentumsübertragungen“ durch die Agrarbehörde im Zuge von Regulierungsverfahren im Gesetz – abgesehen vom Fall der Teilung der Gemeinschaftsliegenschaft – nicht vorgesehen seien (VfSlg 18.446/2008 Pkt II B Z 1 der Begründung). Zu ergänzen wäre freilich, dass die Klärung der Eigentumsfrage gerade die historische Kernkompetenz der Agrarbehörde war (Vgl § 34 Abs 4 FlVfGG 1951; §§ 38 Abs 1 und 73 lit c, jeweils iVm 72 Abs 5 lit a TFLG 1996; §§ 38 Abs 1 iVm § 65 Abs 2 lit b TFLG 1996 uam). In diesem Sinn trifft das Erk VfSlg 19.262/2010 die nötige Klarstellung. (VfGH VfSlg 19.2626/2010 vom 10.12.2010, Pkt II.A 2.3.6.1. Abs 1 der Begründung: „… Weiters ist allerdings einerseits zu berücksichtigen, dass … die Verbücherung agrarischer Operationen nur deklarativ die Rechtsänderungen nachvollzieht, die durch die Anordnungen der Agrarbehörde eingetreten sind (so auch OGH 11.2.2003, 5 Ob 2/03k; ebenso in Bezug auf Nutzungsrechte an Agrargemeinschaften VwGH 8.7.2004, 2003/07/0087) Die Umgründung des Eigentumsrechts in der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft war geboten, wenn als Ergebnis des Behördenverfahrens das Eigentumsrecht der historischen Agrargemeinde erwiesen war, weil auch diese Form von Gemeinschaftseigentum eines rechtlichen Organisationsmodells bedarf.

a) Das Regulierungsverfahren als Reorganisationsmaßnahme

Soweit der Kreis der an der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft „Beteiligten“ mit den Anteilsberechtigten übereinstimmte, ist in der Eigentumsfeststellung zu Gunsten der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft ein „gesetzlicher Fall einer Umgründung“ zu sehen. (Raschauer, Rechtskraft und agrarische Operation, aaO 278; vgl Pernthaler, Die Rechtsnatur der Agrargemeinschaften, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 262) Der Anteil der Mitberechtigten am Eigentum setzt sich im Anteilsrecht an der Agrargemeinschaft fort. Eine ursprünglich zivilrechtlich zu beurteilende Rechtsposition wird als ein öffentlich-rechtliches Anteilsrecht definiert. Ein Eingriff in das Eigentumsrecht ist darin nicht zu sehen. Sowohl die ursprüngliche Rechtsposition des Anteilsberechtigten am gemeinschaftlichen Eigentum als auch der öffentlich-rechtlich konstruierte Anteil an der Agrargemeinschaft unterliegen dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz. (VfGH 21. 9. 2010, VfSlg 19.150/2010; ausführlich Öhlinger, Agrargemeinschaftliche Anteilsrechte und der Eigentumsschutz, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 291 ff; vgl auch Pernthaler, Die Rechtsnatur der Agrargemeinschaften, aaO 261 f) Selbstverständlich umfasst die agrarbehördliche Kognitionsbefugnis die Entscheidung über die Eigentumsverhältnisse am Regulierungsgebiet.

b) Die Klärung der Eigentumsfrage

Die Agrarbehörde hatte unter anderem zu klären, wer Eigentümer der agrargemeinschaftlichen Liegenschaft sei. (Feststellung des Eigentumsrechtes am Regulierungsgebiet gem § 34 Abs 4 FlVfGG 1951; §§ 38 Abs 1 und 73 lit c, jeweils iVm 72 Abs 5 lit a TFLG 1996; §§ 38 Abs 1 iVm § 65 Abs 2 lit b TFLG 1996) Mit dieser Feststellung alleine konnte sich das Regulierungsverfahren freilich nicht begnügen. Vielmehr wurden in einem solchen Verfahren vier wesentliche Fragen geklärt, nämlich 1. welches die agrargemeinschaftlichen Liegenschaften seien, 2. wer daran nutzungsberechtigt wäre, 3. welcher Anteil jedem Mitglied zukomme und 4. die Abklärung und Entscheidung der Eigentumsfrage (§ 65 TFLG 1996). Jede dieser Fragen wurde im Verfahren einer bescheidmäßigen Erledigung zugeführt. Ausgehend von dieser gesetzlichen Aufgabenstellung ist vorauszusetzen, dass als Verfahrensergebnis diese vier Fragen beantwortet wurden. Die Behörde hatte also auch die Eigentumsverhältnisse zu klären und bescheidmäßig darüber zu entscheiden. Dazu war und ist die Agrarbehörde berufen und kompetent. „Überschießend“ wird diese Entscheidung nur vor dem Hintergrund der Prämisse, dass die Behörde (angeblich) falsch entschieden hätte.

Es ist freilich aus heutiger Sicht ein Manko der historischen Bescheide, dass sie die Feststellung von „Gemeindegut“ und jene von „Eigentum der Agrargemeinschaft“ oft begrifflich kombinierten. Freilich konnten die historischen Agrarjuristen nicht ahnen, dass sich ihr ständiger Sprachgebrauch im Jahre 1982 als unpassend und verfehlt erweisen und der Begriff „Gemeindegut“ für „wahres Eigentum der Ortsgemeinde“ reserviert werden würde. Schon gar nicht konnten die historischen Agrarjuristen damit rechnen, dass dieser Bedeutungswandel im Jahr 2006 dazu verwendet werden könnte, das Ergebnis ihres Ermittlungsverfahrens zu unterlaufen, nämlich die rechtskräftige Eigentumsfeststellung durch die Unterstellung einer Art 7 StGG 1867 widersprechenden Absicht zu unterlaufen. Eine derartige „Kompetenz“ der Agrarbehörde findet sich weder im Gesetz, noch lässt sich eine entsprechende Absicht der historischen Tiroler Agrarjuristen nachweisen. Die Eigentumsverhältnisse sind zu klären und ist darüber zu entscheiden – sei es, dass das Eigentum der nicht regulierten Agrargemeinschaft zusteht, sei es, dass das Eigentum der Ortsgemeinde oder – was auch denkbar wäre – einem anderen Eigentümer, zB der Republik Österreich als Nachfolger des k.k. Aerars.

c) Die „Umgründung“ der Gemeinschaftsliegenschaft im Einvernehmen

Unabhängig von den historischen Eigentumsverhältnissen wäre die Umgründung des Eigentums in einer Agrargemeinschaft jedenfalls dann nicht „überschießend“, wenn alle Beteiligten – einschließlich des grundbücherlich ausgewiesenen Eigentumsträgers – einer „Umgründung“ im Rahmen eines Parteienübereinkommens zugestimmt hatten und der Agrarbehörde nur mehr die Funktion zukam, diesen Konsens öffentlich zu beurkunden und den Grundbuchstand richtig zu stellen. Ein solcher Konsens ist tatsächlich in der Mehrzahl der „Gemeindegutsregulierungen“ historisch nachweisbar. Die Parteien des Regulierungsverfahrens haben diesfalls die anstehende Behördenentscheidung betreffend die Eigentumsverhältnisse privatautonom vorweggenommen. Typischer Weise ging eine Parteieneinigung über die Anteilsrechte damit einher.

Auch für den wahren Eigentümer einer agrargemeinschaftlich genutzten Liegenschaft macht eine solche Reorganisationsmaßnahme, in deren Verlauf die Beteiligten natürlich auch die künftigen Anteilsrechte zu vereinbaren hätten, durchaus Sinn: Eine Seite bringt das Eigentumsrecht ein, die andere Seite das Nutzungsrecht. Der ständige Konflikt gegenläufiger Berechtigungen würde aufgehoben und alle Beteiligten disponieren in der Folge über Anteilsrechte am ungeteilten Ganzen. Nicht ohne Grund kennt das bürgerliche Recht den Anspruch des Eigentümers einer mit Nutzungsrechten belasteten Liegenschaft, das Eigentum am belasteten Gut den Nutzungsberechtigten aufzudrängen (§ 483 letzter Halbsatz ABGB). Die Bildung einer Agrargemeinschaft würde die sinnvolle Alternative zu einer solchen „Eigentumsentäußerung“ darstellen. Es handelt sich dabei um das glatte Gegenstück zur historischen Servitutenablösung durch Übereignung eines Abfindungsgrundstückes an die Nutzungsberechtigten Zug um Zug gegen Lastenfreistellung des verbleibenden Eigentums. Allseitiges Einvernehmen ist dafür zwingende Voraussetzung.

d) Zwischenergebnis:

Die These, dass Eigentumsfeststellungen zu Gunsten einer Agrargemeinschaft „überschießend“ gewesen sein könnten, ist unter der Voraussetzung eines gesetzmäßigen Verfahrensablaufs nicht denkbar. Demnach klärt die Agrarbehörde die wahren Eigentumsverhältnisse (§ 38 Abs 1 TFLG 1996) und trifft, diesem Ergebnis entsprechend, eine bescheidmäßige Feststellung zu den wahren Eigentumsverhältnissen am Regulierungsgebiet. Zu Gunsten der körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft kann diese Entscheidung nur dann ausgefallen sein, wenn bereits die „nicht regulierte Agrargemeinschaft“ Eigentümerin war oder wenn sich alle Verfahrensbeteiligten in diesem Sinn geeinigt hatten.

Vor diesem Hintergrund ist eine „überschießende Eigentumsübertragung“ nur dann denkbar, wenn die Behörde entgegen dem Ermittlungsergebnis oder entgegen dem Inhalt des von den Parteien getroffenen Übereinkommens eine Eigentumsfeststellung getroffen haben sollte. Diejenige Seite, welche hieraus benachteiligt wurde, hätte diese Entscheidung im Rechtsmittelverfahren zu bekämpfen. Eine inhaltlich eindeutige Entscheidung, einmal in Rechtskraft erwachsen, gestaltet trotzdem die Rechtslage. (§ 14 AgrVG; VfGH VfSlg 19.262/2010 Pkt II. A) 2.3.6.1 der Begründung; VfSlg 18.446/2008; VfSlg 17.779/2006; VwGH 8.7.2004 2003/07/0087; OGH 11.2.2003, 5 Ob 2/03/k; vgl auch Raschauer, Rechtskraft und agrarische Operation, in: Die Agrargemeinschaften in Tirol, 276: „Wenn die Agrarbehörde das Eigentum eines Rechtsträgers `feststellt´ und wenn diese Feststellung unangefochten bleibt, dann ist dieser Rechtsträger Eigentümer im Rechtssinn.“) Die vermeintliche Widersprüchlichkeit der Eigentumsfeststellung, von welcher der Gerichtshof im Erk Slg 18.446/2008 ausgehen musste, war nur vor dem Hintergrund der unrichtigen erstinstanzlichen Beurteilung zur historischen Behördenabsicht geben.

5. Schlussbetrachtung

Die vorliegende Abhandlung zeigt deutlich, wie problematisch die Sachverhaltsgrundlagen des Erk VfSlg 18.446/2008 tatsächlich sind. Der Gerichtshof hatte über erstinstanzliche Sachverhaltsannahmen zu entscheiden, wonach einer Agrargemeinschaft Eigentum als „nudum jus“, als nacktes Recht, zugeordnet worden sei. Die Agrarbehörde hatte jedoch kein Eigentum „zuzuordnen“; die Agrarbehörde hatte zu entscheiden, wer Eigentümer war und ist. Hatte sich eine Liegenschaft in agrargemeinschaftlicher Nutzung als Eigentum der Ortsgemeinde erwiesen, war auf Eigentum der Ortsgemeinde zu entscheiden, anderenfalls auf Eigentum der Agrargemeinschaft oder eines Dritten – je nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens.

Eine historische Behördenentscheidung, wonach an einer Liegenschaft zu Gunsten eines Rechtsträgers „nudum jus“, nacktes Recht, festgestellt wurde und zu Gunsten eines anderen Rechtsträgers „Substanz“, ist schon deshalb nicht zu vermuten, weil einer Aufspaltung des Eigentums in „substanzloses Eigentum“ und „eigentumslose Substanz“ die Zivilrechtsordnung und die Grundrechtsordnung entgegensteht. Für das Sachenrecht gilt „Typenzwang“ und die verfassungsrechtliche Institutionsgarantie des Eigentums gem Art 5 und 7 StGG 1867 baut einer Neubegründung von „substanzlosem Nutzungseigentum“ vor.

Dass der Landesagrarsenat Tirol, LAS-889/28-06 vom 16.10.2008 (Folgeentscheidung nach VfSlg 18.446/2008) den Bescheid vom 9.11.2006, dh die Sachverhaltsgrundlage für das Erk VfSlg 18.446/2008, aufgehoben hatte, weil „elementare Verfahrensgrundsätze“ „gröblich missachtet“ wurden und dem Bescheid vom 09.11.2006 „kein geeignetes Ermittlungsverfahren“, „weder zur Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes, noch im Hinblick auf das Gebot des rechtlichen Gehörs der Parteien“ vorausging, ist deshalb nicht überraschend. Ein gesetzeskonformes Ermittlungsverfahren vorausgesetzt, wird sich ein „nacktes Recht“, welches die historische Agrarbehörde festgestellt haben soll, vermutlich gar nicht finden.

Vorauszusetzen ist, dass die privaten Gemeinschaften der Nutzungsberechtigten, welche auf eine Jahrhunderte lange gemeinschaftliche Bewirtschaftung bestimmter Liegenschaften verweisen können, im Verlauf der Geschichte typischer Weise als deren Eigentümer anerkannt wurden. Mit der Auflösung der feudalen Eigentumsstrukturen ist das Obereigentum der Fürsten und Lehensherren verschwunden. Die Gemeinschaften der Nutzungsberechtigten wurden als Ergebnis dieser Entwicklung als Eigentümer anerkannt.

Diese Nutzungsgemeinschaften sind teilweise Jahrhunderte lang unter der Bezeichnung „Gemeinde“ im Rechtsverkehr aufgetreten. Die Gefahr einer Verwechslung dieser privaten Gemeinschaften mit der modernen Ortsgemeinde ist offenkundig.

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aus:
Theo Öhlinger/Bernd Oberhofer/Gerald Kohl
Das Eigentum der Agrargemeinschaft
in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler/Raber (Hg) Die Agrargemeinschaften in Westösterreich, 41ff

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MP