Der Begriff „Gemeindegut“ ist schillernd und bunt. Dies zeigt schon die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes. Im Erkenntnis VfSlg 9336/1982 betonte der Gerichtshof unter Berufung auf systematische Zusammenhänge zwischen Gemeinderecht und Flurverfassungsrecht, dass ein „Gemeindegut“ ein Gut im Eigentum einer Ortsgemeinde sein müsse; im Mieders-Erkenntnis aus dem Jahr 2008 VfSlg 18.446/2008 wurde dieser Standpunkt bekräftigt.
Ungeachtet dessen wies der Verfassungsgerichtshof im Unterlangkampfen-Erkenntnis VfSlg 19.262 vom 10.12.2010 darauf hin, dass der Begriff „Gemeindegut“ im historischen Tiroler Flurverfassungsrecht ein Gut im Eigentum einer Agrargemeinschaft bezeichnete.

VfGH VfSlg 19.262/2010 Pkt II A 2.3.6.3: „[…] der Bescheid könnte durchaus auch dahin ausgelegt werden, dass die bescheiderlassende Behörde auf den in § 36 Abs 2 lit d des Flurverfassungslandesgesetzes vom 6. Juni 1935, LGBl. Nr. 42, angeführten Begriff „Gemeindegut“ im Sinne von „Eigentum der Agrargemeinschaft“ abstellte (vgl. hiezu Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler [Hrsg], Die Agrargemeinschaften in Tirol [2010] 223 [250 f.]) […]“.

Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, aaO 254: „In der Rechtspraxis wurden dagegen bis zu dieser höchstgerichtlichen Entscheidung [Anm VfSlg 9336/1982] auch jene Liegenschaften als „Gemeindegut“ bezeichnet und verstanden, bezüglich derer – in den Worten des VfGH (Slg 9336/1982) – „’die Gemeinde’ nur die Bezeichnung für die Summe der nutzungsberechtigten Eigentümer ist“. Dieses [Anm Gemeindegut] blieb als materielles Eigentum der „Realgemeinde“ in der Gesetzgebung und der Praxis der Agrarbehörden anerkannt.“

Der Begriff „Gemeindegut“ wurde im historischen Recht verwendet, um Eigentum der Agrargemeinschaft zu definieren. Dieser Rechtssatz, den der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg 19.262/2010 im Anschluss an Öhlinger definiert hat, gilt generell für das Flurverfassungsrecht und für das Gemeinderecht ab Inkrafttreten des BG über die Grundsätze der Flurverfassung (BGBl 1932/256) – jedenfalls bis zur Veröffentlichung des Erkenntnisses VfSlg 9336/1982, was sich anhand der Entwicklung des Gemeinderechts leicht beweisen lässt.

Besonders bemerkenswert ist die Note des Bundeskanzleramtes, Zl 156.486-6 (ex 1935) „Gemeindegut und Flurverfassungs-Grundsatzgesetz B 256/1932“, gerichtet an alle Landeshauptmannschaften (insbesondere diejenige für Tirol in Innsbruck) zu den legistischen Eckpunkten einer Abgrenzung des Gemeinderechts zum Flurverfassungsrecht:

„1.) Der nach dem Flurverfassungs-Grundsatzgesetz als Agrargemeinschaft geltende Teil des Gemeindegutes ist von der Gemeindefinanzverwaltung auszunehmen; am einfachsten wohl dadurch, dass man bei der Definition des Gemeindeeigentums (bzw des Gemeindevermögens und Gemeindegutes) diese gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatzgesetz (B 256/1932) agrargemeinschaftliche Liegenschaften ausdrücklich ausnimmt.
2.) Die materiellrechtlichen Bestimmungen über das Recht und Maß der Teilnahme an den Nutzungen dieser nunmehr gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz als agrargemeinschaftliche Grundstücke geltenden ehemaligen Teile des Gemeindegutes wären als eigener Abschnitt (Hauptstück) in der Gemeindeordnung zu belassen. Es wäre aber zu beachten, dass künftig hinsichtlich dieser Agrargemeinschaft die Gemeinde nicht mehr die Stellung einer Behörde, sondern lediglich eines Beteiligten hat.
3.) In dem Abschnitt der Gemeindeordnungen über Recht und Maß der Teilnahme an den Nutzungen der gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz agrargemeinschaftlichen Liegenschaften wäre am Schluss folgender Paragraph anzufügen: „Die Bestimmungen dieses Gesetzes über das Gemeindeeigentum (oder „über das Gemeindevermögen und Gemeindegut“) finden auf die gemäß § 15 Abs 2 Pkt d Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz BGBl Nr 256/1932, als agrargemeinschaftliche Grundstücke geltenden einstigen Teile des Gemeindegutes nur insoweit Anwendung, als sie mit dem Flurverfassungs-Grundsatz-Gesetz BGBl Nr 256/1932 und dem Flurverfassungs-Landes-Gesetz nicht im Widerspruch stehen.“

Rechtstexte müssen deshalb differenziert interpretiert werden, es ist im Einzelfall zu prüfen, ob mit dem Begriff „Gemeindegut“ ein Eigentum einer Agrargemeinschaft bezeichnet werden sollte oder ein Eigentum einer Ortsgemeinde.

Dazu Öhlinger, Das Gemeindegut in der Judikatur des VfGH, in: Kohl/Oberhofer/Pernthaler, Die Agrargemeinschaften in Tirol, 255, Zusammenfassung Pkt 5:
„Gemeindegut ist nicht gleich Gemeindegut. Wenn der VfGH nur das im Gemeinderecht so bezeichnete Vermögen einer Gemeinde als Gemeindegut gelten lässt (und dieses zu Recht als „wahres“ Eigentum der Gemeinde qualifiziert), so lässt sich eben nicht alles darunter subsumieren, was im Flurverfassungsrecht und in der Praxis der Agrarbehörden im 19.Jhdt., im 20. Jhdt. bis zum Erkenntnis Slg 9336/1982 und auch noch später so bezeichnet wurde. Ältere einschlägige Rechtstexte müssen in diesem differenzierten Sinn interpretiert werden.“

HISTORISCHE WURZELN DES GEMEINDEGUTSBEGRIFFES

Im „Codex Theresianus“, einem Gesetzesentwurf, der in den 1760er Jahren unter Kaiserin Maria Theresia für die Österreichischen Erbländer entstanden ist, findet sich eine rudimentäre Definition dessen, was sich die historischen Juristen unter „Gemeinde“ vorgestellt haben. Danach sollten „wenigstens drei Personen eine Gemeinde oder Versammlung ausmachen“. Zu dieser „Gemeinde“, die aus mindestens drei Personen bestehen müsse, führt dieser Gesetzesentwurf weiter Folgendes aus:

„Der Gebrauch der Sachen, welche in dem Eigentum einer Gemeinde sind, ist entweder der Gemeinde selbst mit Ausschließung einzelner Mitglieder vorbehalten, oder allen einzelnen Mitgliedern derselben gemein.“ Zu den Sachen, die allen Mitgliedern dieser „Gemeinde“ gemeinschaftlich sind [= Gemeindegut], führt der Gesetzesentwurf weiter aus: „Zur anderen Gattung gehören gemeine Weiden, Wälder, Brunn- und Röhrwasser, Mühlen, Brauhäuser, Steinbrüche, Leim- oder Sandgruben, Bäder, Schießstätten, Luftgänge und dergleichen Sachen, deren Nutzen, Gebrauch oder Bequemlichkeit einzelnen Mitgliedern der Gemeinde entweder nach der bei derselben rechtmäßig eingeführten Ordnung, oder nach unseren Verleihungen und Verordnungen zusteht.“ Als Regelung, wie diese gemeinschaftliche Nutzung des „Gemeindeguts“ erfolgen solle, war Folgendes vorgesehen: „Doch hat sich bei dem Gebrauch derselben ein jeder also zu betragen, dass kein Anderer, dem solches gleichmäßig gebühret, hiervon ausgeschlossen, oder darinnen verhindert werde, sondern jeder menniglich sich in den geziemenden Schranken halte, und wo in dem Gebrauch eine Vorzüglichkeit gewisser Mitglieder vor anderen nach Ordnung der Gemeinde zustünde, dieselben hierinnen nicht beirre, noch sich in etwas eindringe oder dessen anmaße, wozu er nicht berechtigt ist.“
Ohne den Rechtsbegriff „Gemeindegut“ tatsächlich schon zu verwenden, beschreibt somit der unter Kaiserin Maria Theresia in den 1760er Jahren erstellte Gesetzesentwurf für ein Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, der „Codex Theresianus“, die Wirtschaftsgemeinde, die sich aus zumindest drei Personen zusammensetzen müsse und deren Eigentum. Dieses ist entweder der Gemeinschaft als solcher gewidmet (= Gemeindevermögen) oder der Nutzung durch die Mitglieder (= Gemeindegut).

In dieselbe Richtung ging eine vom Tiroler Gubernium aus dem Jahr 1784 überlieferte Definition der Gemeinde nach historischem Tiroler Landesrecht:

„In Tyroll wird unter der Benambsung Gemeinde eine gewisse, bald größere bald kleinere Anzahl beysammen liegender oder auch einzeln zerstreuter Häuser verstanden, die gewisse Nutzbarkeiten an Weiden, Waldungen und beurbarten Gründen gemeinschaftlich und mit Ausschluß anderer Gemeinden genießen, einen gemeinschaftlichen Beutel oder Kassa führen und also gewisse gemeinschaftliche Schuldigkeiten haben z. B. eine bestimmte Strecke eines Wildbaches oder Stromes zu verarchen.“

Gemeindegut (= gemeinschaftlich genutzte Liegenschaften) und Gemeindevermögen (= die Gemeinschaftskassa) sind die Wesenselemente der historischen Wirtschaftsgemeinde. Spätestens mit dem Ur-Entwurf zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch aus dem Jahr 1796 fand das Gegensatzpaar „Gemeindegut“ und „Gemeindevermögen“ im Zivilrecht Verwendung, um die Vermögensverhältnisse in der „Gemeinde“ im Sinn von „Wirtschaftsgemeinde der Nachbarn“ zu kategorisieren: „Sachen, welche Gemeinden gehören, stehen in einem zweifachen Verhältnis: einige davon als Kirchen, öffentliche Plätze, Brunnen, Bäche, Weiden, Waldungen, Wege, dienen zum Gebrauche eines jeden Mitgliedes; sie heißen das Gemeindegut. Andere aber … dürfen von niemandem zu seinem besonderen Vorteile genutzt werden; … sie heißen das Gemeindevermögen.“ Die Unterscheidung zwischen Gemeindegut und Gemeindevermögen ist somit keine Schöpfung des politischen Gemeinderechts, das in Österreich seinen allgemein anerkannten Ausgang im provisorischen Gemeindegesetz des Jahres 1849 genommen hat. Vielmehr beruht diese Unterscheidung auf wesentlich älteren zivilrechtlichen Grundlagen. Geprägt wurde das Begriffspaar zur Darstellung der Rechtsverhältnisse in den historischen „Gemeinden nach bürgerlichem Recht“, einer uralten und in Vergessenheit geratenen juristischen Person nach Privatrecht, welche der historische Gesetzgeber des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs von 1811 sozusagen vorgefunden und vorausgesetzt hat.

AGRARRECHTLICHES „GEMEINDEGUT“ 

Seit dem Jahr 1883 gibt es in den „österreichischen Ländern“ eine eigene reichsgesetzliche Regelung für das landwirtschaftlich genutzte Gemeinschaftseigentum, weil die unklaren Rechtsverhältnisse an diesen Gütern nach einer Regelung verlangten. Carl Peyrer, damals Ministerialrat im Ackerbauministerium, erläuterte dazu im Jahr 1877:
„Der Genossenschaftsbesitz und der Gemeindebesitz wurden in durchaus unklarer Weise durcheinander geworfen, sodass heute in den österreichischen Ländern hunderte von Quadratmeilen mit völlig unklaren und ungeregelten Eigentumsverhältnissen vorkommen und der Verwüstung der Gemeindewaldungen kaum Einhalt getan werden kann.“ An anderer Stelle: „Es darf heute nicht mehr als gleichgültig angesehen werden, dass es derzeit in den österreichischen Ländern Grundstücke gibt, deren Flächenmaß auf mehr als eine Million Hektar angeschlagen werden muss, in welchen entweder die Eigentumsrechte oder doch die Nutzungsrechte in einem solch unklaren, ungeordneten oder streitigen Zustande sich befinden, welcher mehr und mehr zu Störungen der Rechtsordnung führen muß“ (Carl Peyrer, Die Regelung der Grundeigentums-Verhältnisse, 1877).

Speziell im Niederösterreichischen Landtag hat man sich schon in den 1870er Jahren intensiv mit der Problematik der sogenannten „Gemeindegründe“ befasst. 1878 berichtete der Niederösterreichische Landesausschuss, die damalige Landesregierung, unter anderem Folgendes an den Landtag, Berichtsverfasser: Dr. Josef Kopp:
„Es fragt sich nun: Soll etwas geschehen und was soll geschehen?
Die erste Frage glaubt der Landesausschuss unbedingt bejahen zu sollen. Geschieht nichts, so muss der gegenwärtige keineswegs erquickliche Zustand immer unerquicklicher, die Unordnung und Unsicherheit immer schlimmer werden […]. Die Zivilgerichte können die verworrenen Knoten nicht lösen, […] da die zivilgerichtlichen Bestimmungen auf solche Zustände nicht berechnet sind, die Sache überhaupt nicht bloß vom zivilgerichtlichen, sondern auch vom wirtschaftlichen und administrativen Gesichtspunkte aus zu beurteilen ist. Der Landesausschuss findet in den wenigen einschlägigen Bestimmungen der Gemeindeordnung nur ganz ungenügende Direktiven für sein Verhalten und sind diese Bestimmungen überhaupt einer Leuchte zu vergleichen, welche die Gegenstände nicht erhellt, sondern nur die tiefe Dunkelheit, in welche sie gehüllt sind, erst recht erkennen lässt.“

In Konsequenz forderte der Niederösterreichische Landtag das Einschreiten des Reichsgesetzgebers in Wien, der Sonderbehörden und eine eigene gesetzliche Grundlage schaffen sollte, anhand derer die Rechtsverhältnisse an den „Gemeindegründen“ entwirrt werden könnten. Die Rechtsverhältnisse an den „Gemeindegründen“ sollten nicht mehr von den Zivilgerichten und nicht ausschließlich anhand des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches entschieden werden.

Das Ergebnis dieser von Niederösterreich, aber auch von Ländern wie Kärnten und Böhmen ausgehenden Bemühungen um neuartige Behörden und neuartige Gesetze zur „reformatorischen Gestaltung der Rechtsverhältnisse an agrarisch genutztem Grund und Boden“, waren die sogenannten „drei agrarischen Reichsgesetze“, die 1883 im Abgeordnetenhaus des Österreichischen Reichsrates debattiert wurden. Die Verhältnisse in Niederösterreich hatten Dr. Josef Kopp, Mitglied der damaligen Niederösterreichischen Landesregierung und Abgeordneter im Reichsrat, am 22. Februar 1883 zu folgender Äußerung veranlasst: „Ich kann den Herren versichern, dass im Lande Niederösterreich vielleicht augenblicklich kein Gesetz so notwendig ist und so sehr gewünscht und tagtäglich von den Gemeinden erbeten wird, als das vorliegende. Die Verwirrung und der Streit haben bereits eine ganz unerträgliche Höhe erreicht; […] kurz es ist eine geordnete Gemeindewirtschaft bei den bisherigen Zuständen gar nicht möglich. […] Denn selbst wenn man […] sich im Landesausschuss bemüht eine halbwegs erträgliche und befriedigende Ordnung herzustellen, so tritt uns eines immer störend entgegen, nämlich die Ingerenz [= Zuständigkeit] der Gerichte, die in keiner Weise ausgeschlossen ist, so dass derjenige, welcher mit dem Zustande nicht zufrieden ist, sich an die Gerichte wendet, die dann lediglich nach den Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches über gemeinsames Eigentum und nach dem hier sehr ominösen Bestimmungen über die Verjährung und Ersitzung entscheiden, ohne im Entferntesten bei dem besten Willen nur die realen Verhältnisse verstehen und berücksichtigen zu können, und ohne insbesondere die wirtschaftlichen Rücksichten irgendwie walten lassen zu dürfen. So kreuzen sich denn in den Gemeinden ältere Verordnungen und Entscheidungen der Landesbehörden, neuere Beschlüsse der Gemeinden, faktische Zustände, Entscheidungen des Landesausschusses und verschiedene gerichtliche Entscheidungen, kurz es wird ein Chaos geschaffen. Diesem Chaos soll hier ein Ende gemacht werden, und darum begrüßen wir […] dieses Gesetz als eine wahre Erlösung.“

Kräftige Unterstützung erhielt die Forderung nach einem Sonderrecht für die „Gemeindegründe“ auch aus dem damaligen Königreich Böhmen. Die Grundentlastungsmaßnahmen Mitte des 19. Jh. hatten zahlreiche Personen, die ursprünglich auf fremdem Eigentum lebten, zu Grundbesitzern und damit zu Steuerzahlern gemacht. Als Steuerzahler besaßen sie nunmehr auch das Wahlrecht zur Gemeindevertretung. Dadurch entstanden große Konflikte mit jenem Bevölkerungsteil, der schon immer versteuerten Grundbesitz besessen hatte und die „Gemeindegründe“ als „Gemeinschaftsgründe“ für sich in Anspruch nahm. Karl Cizek berichtet in seiner Schrift „Der Streit um die Gemeinde-Gründe“ aus dem Jahr 1879 von einer im Kronland Böhmen verbreiteten Praxis, wonach die jeweiligen Gemeinschaften der Ur-Hausbesitzer die neue politische Gemeinde beim allgemeinen Zivilgericht verklagt haben und mit ihrer Forderung nach Eigentumsanerkennung ausnahmslos durchdrangen. Nach abgeschlossenem Gerichtsverfahren hat man die Liegenschaften regelmäßig aufgeteilt. Landtag und Landesausschuss von Böhmen verlangten deshalb vehement nach einem Sonderrecht und nach Sonderbehörden. Auch der Landtag von Kärnten hatte wegen der Notwendigkeit einer Regelung der dortigen Nachbarschaftsgründe die Regierung aufgefordert, im Wege der Reichs- und sodann der Landesgesetzgebung Vorsorge zu treffen. Aus Kärntner Sicht stand im Vordergrund, „dass das vorhandene gemeinschaftliche Vermögen (zumeist Hutweiden, Waldungen und Alpen) endlich einmal eine Vertretung und Verwaltung erhalte“. Diese sollte nicht mehr nach den für solche Gemeinschaften „unzureichenden Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches“ erfolgen und diese sollte in die Lage versetzt werden, „die Substanz des Vermögens vor Übergriffen zu wahren, welche sich eine Minorität, manchmal auch eine Majorität zu Schulden kommen lässt, dass überhaupt Ordnung in die Verwaltung und in den Besitzstand gebracht werde“.

REAKTION DES REICHSGESETZGEBERS

Im Februar des Jahres 1880 hatte die Reichsregierung die von verschiedenen Ländern vehement geforderten „drei agrarischen Reichgesetze“ im Herrenhaus des Österreichischen Reichsrates eingebracht. Die Erläuternden Bemerkungen der Regierung zum dritten dieser Gesetzesvorlagen, das war der „Gesetzentwurf betreffend die grundsätzlichen Bestimmungen über die Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke und die Regulierung der bezüglichen Benützungs- und Verwaltungsverhältnisse“, geben einen tiefen Einblick in das Verständnis des historischen Gesetzgebers vom Begriff „Gemeindegut“.
Dieser Gesetzgeber hatte sich erst wenige Jahre zuvor mit dem modernen Gemeinderecht grundlegend auseinandergesetzt; dieser Gesetzgeber hatte das Reichsgemeindegesetz von 1862 geschaffen und mit einheitlichen Gesetzesanträgen für Landesgemeindegesetze an alle Landtage der damaligen Kronländer, eine grundsätzlich einheitliche Rechtsgrundlage für die heutigen Ortsgemeinden geschaffen. Den Gemeinschaftsbesitz betreffend regeln diese Landesgemeindegesetze aus den Jahren 1863 bis 1866 einheitlich das Folgende: „Die privatrechtlichen Verhältnisse überhaupt und insbesondere die Eigentums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde bleiben ungeändert.

Zum Entwurf des Teilungs-Regulierungs-Reichsgesetzes führen die Erläuternden Bemerkungen unter anderem Folgendes aus:
Die Bestimmung des § 1 Z 2 des Entwurfes [Anmerkung: betreffend „Gemeindegut“] haben die Grundstücke zum Gegenstande, welche als Gemeindegut oder Gemeingut jener Körperschaften oder Klassen benützt werden, die sich als Überreste der alten Agrargemeinde innerhalb der modernen politischen Gemeinde erhalten haben. In der alten Agrargemeinde stand bekanntlich die Teilnahme an der Nutzung des unverteilten Teiles der Gemeindemark (Allmende, gemeine Mark) den Markgenossen, das ist den Besitzern der markberechtigten Hofstätten, zu; dieser `Gemeindenutzen´ wurde anderen Ortsbewohnern, welche keine berechtigten Hofstätten besaßen, nur im Wege der Gestattung und häufig gegen eine bestimmte jährliche Gebühr eingeräumt. Die Markgenossen waren zugleich die Träger des Gesamtrechtes der Gemeinde, welches sich nicht nur in dem Eigentume und der berechtigten Benützung der gemeinen Mark, sondern auch in der Aufteilung und Handhabung der gemeinschaftlichen Wirtschaftsordnung (Flurzwang), und in der periodischen Weidegemeinschaft auf den unverteilten Feldern der Dorfmark äußerte. Andererseits hatten sie aber auch die Verpflichtung, für die Lasten der Gemeinde durch Beiträge aufzukommen, insoweit diese Lasten nicht unmittelbar aus Erträgnissen der gemeinen Mark überhaupt oder durch die Widmung einzelner Teile derselben zu bestimmten Zwecken gedeckt werden konnten. Zugleich übte die Markgenossenversammlung, teils selbst, teils durch ihre Beamten, die Gerichtsbarkeit, Verwaltung und Polizei aus. Die alte Markgemeinde war also eine privatwirtschaftliche und zugleich öffentlich-rechtliche Gemeinschaft. Allmählich und namentlich durch den Einfluss des römischen Rechtes mit seiner scharfen Sonderung des Privatrechtes vom öffentlichen Rechte, ging die öffentlich-rechtliche Seite verloren, während zugleich durch die Vermehrung der Bevölkerung, den Zuzug städtischer Elemente und infolge der Entwicklung von Handel und Gewerbe neben den Elementen der alten privatwirtschaftlichen Gemeinde die weitere, moderne, die Gesamtheit der Ortseinwohner umfassende Gemeinde erblühte. […] Aus dem sich hieraus naturgemäß ergebenden Zwiespalte zwischen diesen, des ursprünglichen Charakters und ihrer früheren inneren Organisation entkleideten Überresten der alten Agrargemeinde einerseits und den anderen Elementen der modernen Gemeinde andererseits, sind die verschiedensten Resultate erwachsen, je nach der größeren oder geringeren Nachgiebigkeit dieser berechtigten Gemeinschaften gegen die Ansprüche anderer auf Mitbenützung des Gemeingutes, nach dem Maße und der Dauer ihres Einflusses in der Gemeindevertretung und nach der größeren oder geringeren Sorgfalt überhaupt, welche zugunsten der Gemeinschaft oder der erweiterten Gemeinde bei katastral- und grundbücherlichen Eintragungen und bei anderen Anlässen angewandt wurde.“

Der Reichsregierung war somit aufgrund von Erhebungen in allen Kronländern bewusst, dass ein Teilungs- und Regulierungsgesetz unterschiedlichen Verhältnissen in den verschiedenen Ländern gerecht zu werden hatte. Der Reichsgesetzgeber wollte sich deshalb auf grundsätzliche Bestimmungen beschränken, welche der eigentümlichen Natur der hierbei in Betracht kommenden Rechtsverhältnisse entsprechen, „und zwar insbesondere wegen des engen Zusammenhangs dieser Verhältnisse mit der Gemeindeverfassung und dem Gemeindehaushalt“ und weil „immer auch Rücksichten der Bodenkultur im Auge behalten werden müssen, welche von Land zu Land mehr oder weniger differieren“.

Folgende hier wesentliche Grundsätze für das neue Recht werden bereits in den Erläuternden Bemerkungen der Reichsregierung vom Februar 1880 klargestellt:
Die Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (XIV. Hauptstück) würden für die Regelung und Teilung der „Gemeindegründe“ nicht passen, weil die im Bürgerlichen Gesetzbuche behandelten Gemeinschaften mit Rücksicht auf ihre Entstehung (§ 825 ABGB) rein privatrechtlicher Natur sind, während die Nachbarschaften und ähnliche Gemeinschaften nach Ursprung und Entwicklung auch vom Standpunkte des öffentlichen Rechts zu beurteilen seien. „Es muss also tatsächlich auch diesem letzteren Momente angemessene Rechnung getragen werden, wenn eine sachgemäße Normierung der Verhältnisse dieser Gemeinschaften erzielt werden soll, eine Normierung, welche geeignet ist, einerseits die eigenen wirtschaftlichen Interessen dieser Gemeinschaften und die rationelle Benützung von Grund und Boden im Allgemeinen zu heben, andererseits eine definitive Auseinandersetzung der fallweise mit der neuen politischen Gemeinde als solchen, oder mit gewissen Mitgliedern derselben (Häusler und dergleichen) schwebenden Differenzen, sowie eine endgültige Regelung der mit den Berechtigungen verbundenen Verpflichtungen herbeizuführen“.
Die Ausführungsgesetze, die in die Kompetenz die Landesgesetzgebung fallen, sollten zugleich auch die Rückwirkung der neuen Bestimmungen auf jene Normen der Gemeindeordnung feststellen, „welche die Benützung und allfällige Aufteilung des in Rede stehenden Grundbesitzes betreffen“. Schließlich stellt die Reichsregierung klar, dass bei der „Auseinandersetzung der Verhältnisse im Betreff der in Rede stehenden gemeinschaftlichen Grundstücke“ es immer eine Hauptfrage bilden würde, ob denn die Grundstücke tatsächlich agrargemeinschaftliche Grundstücke wären und bejahendenfalls, „wer daran eigentums- und nutzungsberechtigt sei“. Entscheiden sollten diese Fragen alleine die neuen Behörden, „in welchen die privat- und die öffentlich-rechtlichen Momente auf gleich angemessene Würdigung rechnen können“ und welche einen billigen Vergleich herbeiführen sollten, der insbesondere zu einer definitiven Bereinigung der Sachlage führt.

BERATUNGEN IM ABGEORDNETENHAUS IM JAHR 1883

Nach Beratung im Herrenhaus wurden die Gesetzesentwürfe an das Abgeordnetenhaus weitergereicht. Der dort eingesetzte „Commassionsausschuss“ legte am 31. Oktober 1882 dem Abgeordnetenhaus seinen Bericht vor. Darin gehen die gewählten Abgeordneten, denen die Streitigkeiten um die „Gemeindegründe“ unter den Nägeln brannten, zur Sache: Die agrargemeinschaftlichen Grundstücke seien solche, die – abgesehen von Dalmatien – sich „in allen österreichischen Ländern als Überreste der alten Agrargemeinde innerhalb der modernen politischen Gemeinde bald unter der Bezeichnung ‚Gemeindegut‘, bald unter der Bezeichnung ‚Gemeingut‘ erhalten haben und bei welchen die mannigfaltigsten Eigentums- und Nutzungsverhältnisse sich vorfinden.
Die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse seien „nicht bloß von Land zu Land, sondern von Fall zu Fall so verschieden und unklar und ihre Verwaltung so ungeregelt und wüst, dass es schon die höchste Zeit ist, diesen Mißständen ein Ziel zu setzen.“
An anderer Stelle: „Es wird von gut unterrichteter Seite behauptet, dass es noch mehr als eine Million Hektar sogenannter Gemeindehutweiden und Gemeindewaldungen gibt, bei denen die Eigentums- und Nutzungsverhältnisse unklar und strittig sind und deren Verwaltung eine ungeregelte und wüste ist.“
In allen Gemeindeordnungen aus den Jahren 1883 bis 1866, so der Ausschussbericht weiter, finde sich wohl die Bestimmung, dass die privatrechtlichen Verhältnisse und insbesondere die Eigentums- und Nutzungsrechte ganzer Klassen oder einzelner Glieder der Gemeinde ungeändert zu bleiben haben; allein mit diesem Satze werden die Streitfragen nicht gelöst, noch weniger wird das Verhältnis der Genossenschaft zur Gemeinde richtig gestellt. „Die weiteren Bestimmungen der Gemeindeordnungen, dass in Bezug auf die Teilnahme an den Erträgnissen und Nutzungen des Gemeindeeigentums und auf das Maß derselben sich nach der bisherigen unangefochtenen Übung zu benehmen ist, sind eben auch nicht geeignet in die bekanntlich äußerst verworrenen Eigentums- und Nutzungsverhältnisse, Klarheit und Ordnung zu bringen, noch weniger aber geeignet, eine rationelle Verwaltung und die möglichst große Rentabilität herbeizuführen.

Am 22. Februar 1883 fand im Abgeordnetenhaus des Österreichischen Reichsrates eine umfangreiche Debatte über das Teilungs- Regulierungs-Reichsgesetz statt, deren Ablauf in den stenographischen Protokollen akribisch nachgewiesen ist. Die verschiedenen Debattenbeiträge lassen erkennen, dass alle jene Fragen, die seit dem Erkenntnis des VfGH vom 1. März 1982 Slg 9336/1982 wieder zu Streitfragen im Flurverfassungsrecht gemacht wurden, nicht nur in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage von 1880 und im Bericht des Commassionsausschusses von 1882 klar beantwortet wurden, sondern dass genau diese Fragen auch Gegenstand der Debatte im Abgeordnetenhaus waren und jeweils eindeutig beantwortet wurden. Mit Erkenntnis vom 1. März 1982 Slg 9336/1982 hat der Verfassungsgerichtshof tief in das Flurverfassungsrecht eingegriffen. Dies mit der Behauptung, dass das Gemeinderecht des Jahres 1849 das „Gemeindegut“ zum Eigentum der Ortsgemeinde gestempelt hätte, einem Umstand, an welchem die späteren Gemeindeordnungen nichts mehr geändert hätten. Kraft Gemeinderecht sei das Gemeindegut zwingend Eigentum der Ortsgemeinde. Insoweit das Flurverfassungsrecht dieses behauptete Eigentum der Ortsgemeinde, eben das „Gemeindegut“, wie eine gewöhnliche Agrargemeinschaft behandle, sei dies verfassungswidrig.

UNZULÄNGLICHES GEMEINDERECHT 

Das stenographische Protokoll der Debatte vom 22. Februar 1883 zeigt, dass genau diese Frage diskutiert und gerade nicht im Sinn der Behauptungen aus dem Jahr 1982 verstanden wurde.
So erklärte sich der Vertreter der kaiserlichen Regierung Anton Freiherr von Rinaldini, Sten. Prot. des Abgeordnetenhauses des Österreichischen Reichsrates, IX. Session, Seite 9221, dass nach Ansicht der Reichsregierung die vagen Bestimmungen der Gemeindeordnung, welche ja bloß auf die unangefochtene Übung hinweisen und eventuelle Gemeinderatsbeschlüsse als normierend bezeichnen, nicht hinreichend seien. Schon die einfache Vorfrage, ob ein solches Grundstück ein Grundstück der Gemeinden oder ein Grundstück einer Klasse von Gemeindeangehörigen sein wird, sei ungemein schwierig zu lösen, der Sache nach und im Blick darauf, welche staatliche Instanz entscheidungsbefugt sei.
Die Abgeordneten Dr. Josef Kopp, Mitglied des Niederösterreichischen Landesausschusses und Dr. Johann Žák, Berichterstatter des Commassionsausschusses und Mitglied des Böhmischen Landesausschusses, schlossen sich diesen Ausführungen vollumfänglich an.
Dr. Johann Žák: „Man hat sehr oft vollen Grund, sich über die Entscheidungen des Landesausschusses und der Gerichte namentlich darüber zu wundern, wem das strittige Vermögen zugewiesen wurde. Wenn wir es bei der bisherigen Judikatur der politischen oder der Gerichtsbehörden bewenden lassen, werden wir in diese verworrenen Verhältnisse niemals eine Ordnung bringen. Es muss bezüglich dieser Sachen einmal tabula rasa gemacht werden und es ist hoch an der Zeit, solche Sachen, welche nur den Zwist in den Gemeinden nähren, sobald als möglich aus der Welt zu schaffen. Was die Gemeindeordnungen und insbesondere die böhmische Gemeindeordnung betrifft, so kann ich in der Tat sagen, dass ich in derselben fast gar keine Anhaltspunkte für die Entscheidung dieser Frage finde. Wenn man sich auf die bisherige unangefochtene Übung beruft und nach dieser entscheidet, so ist das ganz gewiss eine ganz hinfällige Basis.“

Als Zwischenergebnis ist folgendes festzustellen: Die Behauptung, dass das Gemeinderecht die Eigentumsverhältnisse an einem „Gemeindegut“ zwingend geregelt hätte, ist eine haltlose Erfindung der Verfassungsgerichtshofes, die den historischen Tatsachen, insbesondere dem erklärten Willen des Gesetzgebers, nämlich dem historischen Gesetzgeber des Gemeinderechts und demjenigen des Flurverfassungsrechts (damals: Teilungs- Regulierungs- Reichsgesetz) offen widerspricht.

BEGRIFFSVERSTÄNDNIS DES GESETZGEBERS

Das TRRG 1883 und die dazu ergangenen Ausführungsgesetze definierten den Begriff „Gemeindegut“ jedenfalls nicht mit Blick auf die Eigentumsverhältnisse. Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit der Commassionsbehörden nach dem Zuständigkeitstatbestand „Gemeindegut“ war vielmehr der Umstand, dass eine Liegenschaft der agrargemeinschaftlichen Benützung „nach Maßgabe der Gemeindeordnung“ unterlag. Weil das Flurverfassungsrecht in der Frage der Zuständigkeit bei den faktischen Benützungsverhältnissen anknüpfte, war die Rechtsgrundlage der gemeinschaftlichen Benützung nach Maßgabe der Gemeindeordnung nicht weiter zu hinterfragen. Denkbar sind jedenfalls zwei Varianten: Die Gemeinschaft der Teilgenossen (= Agrargemeinschaftsmitglieder) hat stillschweigend oder ausdrücklich entschieden, die Gemeindeordnung als lex contractus zur Verwaltung der Liegenschaft anzuwenden oder die Gemeindeordnung war ex lege anzuwenden, weil die Liegenschaft im (wahren) Eigentum der politischen Ortsgemeinde stand.
Welche von beiden Varianten im Einzelfall tatsächlich vorgelegen hat, entschied sich im Verfahren erst mit der Klärung der Eigentumsfrage. Diese Entscheidung war jedoch nicht Ausgangspunkt, sondern möglicher Endpunkt der agrarischen Operation. Die aus heutiger Sicht wesentliche Abgrenzung zwischen historischem Genossenschaftsvermögen (= im Eigentum der Agrargemeinschaft), welches in Anwendung der Gemeindeordnung verwaltet wurde und deshalb mit Blick auf das Erk VfSlg 9336/1982 zu Unrecht als „Gemeindegut“ erfasst wurde, und dem Gemeindegut als Eigentum der heutigen Ortsgemeinde war aus der Sicht der historischen Agrarbehörde bei der Einleitung des Verfahrens ohne Belang. Die Agrarbehörden waren zur Reorganisation der agrargemeinschaftlichen Besitz- und Benützungsverhältnisse an jedweder Erscheinungsform von agrargemeinschaftlicher Liegenschaft zuständig.

Nach dem klaren Willen des Reichsgesetzgebers 1883 sollten alle Arten von agrargemeinschaftlichen Liegenschaften der agrarbehördlichen Zuständigkeit unterliegen, sei es hinsichtlich der Regelung der Nutzungsrechte oder hinsichtlich der Klärung der Eigentumsverhältnisse. Gerade letztere Kompetenz war dem Reichsgesetzgeber ein besonderes Anliegen, weil die politisch heikle Auseinandersetzung zwischen den Mitgliedern der „alten Agrargemeinde“ und der „neuen Ortsgemeinde“ nicht den Zivilgerichten überlassen werden sollte. Eine als „Gemeindegut“ in die Kompetenz der Agrarbehörde einbezogene Liegenschaft war somit aus der Sicht des Reichsgesetzgebers grundsätzlich nicht anders zu behandeln als andere agrargemeinschaftliche Grundstücke: Es waren die Nutzungsrechte zu regulieren, es war die Verwaltung zu regeln und zu entscheiden, wem die betreffende Liegenschaft wirklich gehörte. Die (angeblich) undifferenzierte Einbeziehung des Gemeindegutes in die agrarischen Operationen war (und ist) eine formale , weil das Ergebnis der „Operation“ nicht im Gesetz präjudiziert ist. Die gebotene Differenzierung ergibt sich als Ergebnis des Verfahrens.

ERGÄNZUNG DER GEMEINDEORDNUNG

Das TRRG 1883 wollte der Ausführungsgesetzgebung einen rechtlichen Gestaltungsrahmen eröffnen, der wegen der zivilrechtlichen Implikationen der agrarischen Operationen für notwendig erachtet wurde . Für den Fall des agrargemeinschaftlich genutzten Gemeindegutes wurde davon nicht vollständig Gebrauch gemacht. Mit Ausnahme von Kärnten enthielten nämlich sämtliche TRLGs der Jahre 1883 bis 1921 auffällige Einschränkungen der agrarbehördlichen Entscheidungsbefugnis : Im Fall der Regulierung von agrargemeinschaftlich genutztem Gemeindegut sollte die Regulierung der Verwaltungsrechte nur insofern stattfinden, als die Verwaltung der Gemeinschaftsliegenschaft nicht schon durch die Gemeindeordnung oder andere, das Gemeindegut betreffende Vorschriften geregelt war, oder insofern innerhalb der letzterwähnten Regelungen noch besondere Vorkehrungen zur angemessenen Verwaltung notwendig erkannt wurden .

Die Landesgesetze der Jahre 1884 bis 1921 – wiederum mit Ausnahme Kärntens, wo das Phänomen des agrargemeinschaftlich genutzten Gemeindeguts nicht existierte – hatten die Regulierung der Verwaltungsrechte und damit die körperschaftliche Einrichtung der Agrargemeinschaft im Fall von agrargemeinschaftlich genutztem Gemeindegut somit gar nicht zugelassen. Die Verwaltung der Gemeinschaftsliegenschaften betreffend waren vielmehr lediglich nötige Ergänzungen der Gemeindeordnung zu verordnen. Anstatt Agrargemeinschaften an agrargemeinschaftlich genutztem Gemeindegut körperschaftlich einzurichten und über die Eigentumsverhältnisse daran zu entscheiden, hatten die Behörden der Bodenreform eine zu unterstellende Verordnungsermächtigung genutzt und die Gemeindeordnung für den konkreten Fall ergänzt.

Auf der Grundlage des § 3 Abs 2 Tiroler TRLG 1909 wurden beispielsweise mit Generalakt vom 15. September 1928 der Agrarbezirksbehörde Innsbruck Zl 228/50 für den „Schwendauer–Wald“ „Normen der Verwaltung“ erlassen, welche als derartige „Ergänzung der Regelungen der Gemeindeordnung“ verstanden werden müssen. Es wurde ein „Fraktionsausschuss von Schwendau“, eingerichtet, der den „Schwendauer-Wald“ nach den Bestimmungen der Gemeinde-Ordnung 1866 zum Gemeindegut zu verwalten hatte. In den 13 Absätzen umfassenden „Normen für die Verwaltung“ wurde (nach dem Wortlaut des Behördenaktes) in Ergänzung der Gemeinde-Ordnung ua angeordnet, dass der „Fraktionsausschuss“ (der Ortsgemeinde Schwendau) als „durchführende Organe“ einen Obmann, einen Obmann-Stellvertreter und einen Kassier aus dem Kreis der „Teilgenossen“ zu wählen hat; es wurde ein Geschäftsführungs- (und Vertretungsbereich) dieser Organe definiert, die Aufsicht durch den Fraktionsausschuss geregelt und ein Beschwerderecht gegen dessen Entscheidung an die Agrarbehörde vorgesehen . In Ermangelung der körperschaftlichen Einrichtung der Agrargemeinschaft bestand keine Grundlage, über die Eigentumsverhältnisse an den agrargemeinschaftlichen Liegenschaften zu entscheiden.

Insoweit die Verwaltung agrargemeinschaftlicher Liegenschaften deshalb bereits „durch die Gemeindeordnung oder andere, das Gemeindegut betreffende Vorschriften geregelt“ war, sollte es im zeitlichen Geltungsbereich der TRLGs 1884 bis 1921 dabei bleiben; die Verwaltung der agrargemeinschaftlich genutzten Liegenschaft wurde durch eine generelle Norm, welche die Gemeindeordnung für die spezielle Ortsgemeinde ergänzte, geregelt. Für diesen speziellen Bereich der Gemeindeverwaltung war die Agrarbehörde Aufsichtsbehörde über den Selbstverwaltungskörper Ortsgemeinde.

Sowohl die Motive als auch die praktischen Auswirkungen dieser gesetzlichen Regelung, für welche sich in den Ausführungsgesetzen zum FlVerfGG 1932 kein Gegenstück mehr findet, wären allemal einer eigenständigen Untersuchung wert. Im Ergebnis wurden mit diesen Gesetzesbestimmungen in den TRLGs 1884 bis 1921 die faktisch bestehenden Verhältnisse legitimiert, wenn privates Gemeinschaftsvermögen in den Organen der neuen politischen Ortsgemeinden verwaltet wurde. Bei einer Interpretation von Behördenakten aus dem zeitlichen Geltungsbereich der TRLGs ist dieser Rechtszustand jedenfalls zu beachten.

RECHTSANSICHTEN ZUM EIGENTUM AM GEMEINDEGUT

Als Ergebnis knapp vierjähriger systematischer Untersuchungen der Rechtsverhältnisse an den historischen Gemeinschaftsliegenschaften in den NÖ Gemeinden, hatte der Landesausschuss bereits 1878 dem Landtag einen Bericht und darauf aufbauend Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung vorgelegt. Dieser Bericht mündete im Antrag an den Reichsgesetzgeber, weil aus kompetenzrechtlichen Gründen ein Landesgesetz in Ermangelung von Landeskompetenzen auf dem Gebiet des Zivilrechtes als Verfassungsbruch erachtet wurde. Der Ausschussbericht trifft jedoch grundsätzliche Feststellungen zu den Rechtsverhältnissen an den „Gemeindegründen“ und legt die rechtspolitischen Motive der damals verantwortlichen Akteure offen. Zwei wesentliche Textpassagen seien deshalb hier wörtlich wiedergegeben, einmal die „Rechtfertigung“ dafür, das Eigentum der Nutzungsberechtigten an den „Gemeindegründen“ anzuerkennen, zum anderen die „Rechtfertigung“ dafür, diese Personengruppe trotzdem im Interesse geordneter Gemeindefinanzen und des sozialen Friedens in die Pflicht zu nehmen.

Der Bericht des NÖ Landesausschusses aus dem Jahr 1878 geht davon aus, dass die agrarische Operation betreffend die Gemeinschaftsliegenschaften im Regelfall aufgrund von Übereinkommen geschehen sollte. Nur für den Fall, dass kein Einvernehmen zu erzielen und die Eigentumsfrage durch die Behörde im Streitfall zu entscheiden wäre, gibt dieser Bericht eine Lösung vor:

„Wie man immer über den rechtlichen Ursprung der Besitz- und Nutzungsrechte denken mag, wenn selbst entgegen der Geschichte angenommen werden sollte, daß zu irgendwelcher Zeit ein Raub an der Gemeinde begangen wurde, so ist doch so viel gewiß, daß die Personen, welche ein solches Gemeindeeigenthum derzeit besitzen oder Nutzungen davon beziehen, vielleicht immer, jedenfalls in der ungeheuren Mehrzahl den guten Glauben für sich in Anspruch nehmen können. Mag auch ihre Rechtsanschauung eine irrige sein, sie besteht nun einmal und fordert Schonung; dazu kommt, daß bei allen Erbtheilungen und Erbschaftsübernahmen, bei allen Käufen, kurz bei jedem Uebergange eines Bauerngutes an einen anderen Besitzer der sogenannte Gemeindenutzen als ein Zugehör des Gutes in Anschlag gebracht und bei Käufen der Kaufpreis mit Rücksicht hierauf bemessen wurde. Würde man also den jetzigen Besitzern diesen Gemeindenutzen entziehen, oder verlangen, daß sie ihn neu erwerben, so würde wieder in den überwiegend meisten Fällen der jetzige Besitzer unverschuldet zu Schaden kommen. Es ist ferner eine erwiesene Thatsache, dass Gemeindegründe gewöhnlich zu der Zeit, da sie in Parcellen den Nachbarn zur Benützung zugewiesen wurden, unfruchbar oder doch nicht urbar waren; Sumpfboden und Steinhalden wurden erst, seit sie der Privatwirtschaft der Nachbarn übergeben wurden, durch ihren Fleiß cultivirt und sind jetzt werthvolles Besitzthum. Mit welchem Rechte könnte man diese Objecte, welche erst durch die jetzigen Besitzer und ihre Vorfahren werthvoll gemacht wurden, ihnen wieder entziehen? Mindestens müsste die Gemeinde die Meliorationskosten ersetzen. Welche Erhebungen wären da nothwendig, welche Processe würden entstehen und wie könnte die Gemeinde die zu ersetzenden Kosten auftreiben, und was wäre schließlich das Resultat? Daß die Gründe entweder wieder verkauft oder unter der Verwaltung der Gemeinde wieder deteriorirt würden.
Der Landesausschuß schlägt daher vor, den Personen, welche factisch die Nutzungen von einem Gemeindegute bezogen haben, dasselbe in das freie Eigenthum zuzuweisen. Diese Zuweisung soll aber in der Art geschehen, daß die neuen Eigenthümer namentlich bezeichnet werden. Die schon in obiger Darstellung erwähnten Fälle, in welchen nicht bestimmte Personen, sondern die jeweiligen Besitzer gewisser Wirtschaften als Eigentümer grundbücherlich eingetragen wurden, müssen schon mit Rücksicht auf die freie Theilbarkeit von Grund und Boden vermieden werden.“

ZWISCHENERGEBNIS:

Ein „Gemeindegut“ war somit nach dem Willen des historischen Gesetzgebers gerade kein Eigentum der Ortsgemeinde. Vielmehr hat der historische Gesetzgeber des Flurverfassungsrechts im Gemeindegut ein Gut gesehen, in welchem sich die Rechtsverhältnisse eines viel älteren Nachbarschaftsvermögens fortsetzten. Wie sich die Rechtsverhältnisse im konkreten Einzelfall darstellten und künftig darstellen sollten, das sei jedoch erst zu klären. Dies in einem eigenen Verfahren, heute „agrarische Operation“ genannt, und von neuen Commassionsbehörden, heute „Agrarbehörden“ genannt. Erst als Ergebnis einer solchen „agrarischen Operation“ (Teilung oder Regulierung), stünde fest, wem wirklich was gehört und wem nicht!

„GEMEINDEGUT“ UND REFORMBEDARF

Auch die Frage, wie und weshalb die Eigentumsverhältnisse am „Gemeindegut“ geklärt werden müssen, wurde am 22. Februar des Jahres 1883 im Wiener Reichsrat ausführlich diskutiert.
Beispielsweise äußerte sich der Regierungsvertreter Anton Freiherr von Rinaldini, damals Ministerialrat, später Sektionschef im Ackerbauministerium, im Zuge der Debatte folgendermaßen: „Der Grund, warum überhaupt dieses Gesetz auch diese Grundstücke, nebst dem so genannten Klassenvermögen, also auch das Gemeindegut, einbezogen hat, ist einfach der, weil nach den Erfahrungen, welche in einer Reihe von Ländern gemacht worden sind, die vagen Bestimmungen der Gemeindeordnung, welche ja bloß auf die unangefochtene Übung hinweisen und eventuell, wo eine solche nicht besteht, Gemeinderatsbeschlüsse als normierend bezeichnen, nicht hinreichend sind. Schon die einfache Vorfrage, ob ein solches Grundstück ein Grundstück der Gemeinden oder ein Grundstück einer Klasse von Gemeindeangehörigen sein wird, ist ja eine ungemein schwierig zu lösende Frage, und zwar eine Frage, die nicht bloß inhaltlich schwierig zu lösen ist, sondern schon dann Schwierigkeiten bietet, wenn man einfach um die Kompetenz frägt, wenn man sicheren Aufschluss haben will, wer eigentlich kompetent sei, in dieser Frage zu entscheiden“.

Dr. Johann Žák, Vorsitzender des Commassionsausschusses, Mitglied des Böhmischen Landtages und Mitglied im Böhmischen Landesausschuss, schloss sich diesen Ausführungen an: „Was die Ausführungen des Herrn Regierungsvertreters betrifft, so stimme ich ihm vollkommen bei. Namentlich bin ich seiner Ansicht, wenn er sagt, es sei eigentlich die Vorfrage, was für ein Vermögen es sei, um das es sich im gegebenen Fall handelt, die schwierigste. Diese Vorfrage wird von den Landesausschüssen und Gerichten verschieden beurteilt und entschieden, ja man kann sagen, es gibt so viele Ansichten, als Entscheidungen.

Auf den Punkt gebracht hat die Problematik der Abgeordnete Dr. Josef Kopp , Mitglied des Niederösterreichischen Landtages und Mitglied im Landesausschuss, mit folgender Wortmeldung: „Denn selbst wenn man mit Zuhilfenahme der vollständig ungenügenden Bestimmungen der Gemeindeordnungen und der einschlägigen Gesetze sich im Landesausschuss bemüht eine halbwegs erträgliche und befriedigende Ordnung herzustellen, so tritt uns eines immer störend entgegen, dass nämlich die Ingerenz [= Zuständigkeit] der Gerichte in keiner Weise ausgeschlossen ist. So kommt es, dass derjenige, der mit dem Zustande unzufrieden ist, sich an die Gerichte wendet, die dann lediglich nach den Bestimmungen des bürgerlichen Gesetzbuches über gemeinsames Eigentum und nach den hier sehr ominösen Bestimmungen über die Verjährung und Ersitzung entscheiden, ohne im Entferntesten bei dem besten Willen nur die realen Verhältnisse verstehen und berücksichtigen zu können, und ohne insbesondere die wirtschaftlichen Rücksichten irgendwie walten lassen zu dürfen. So kreuzen sich denn in den Gemeinden ältere Verordnungen und Entscheidungen der Landesbehörden, neuere Beschlüsse der Gemeinden, faktische Zustände, Entscheidungen des Landesausschusses und verschiedene gerichtliche Entscheidungen – kurz es wird ein Chaos geschaffen. Diesem Chaos soll hier ein Ende gemacht werden, und darum begrüßen wir in einem Falle, wo staatsrechtliche, politische, nationale, provinziale Eifersüchteleien oder Streitigkeiten gar nicht am Platze sind, dieses Gesetz als eine wahre Erlösung.

Seit das Flurverfassungsrecht im Jahr 1909 in Tirol Einzug hielt (TRLG 1909 vom 19. Juni 1909 LGBl 61/1909), haben die Tiroler Agrarjuristen den Begriff „Gemeindegut“ im Sinn dieses traditionellen Verständnisses des Reichsgesetzgebers angewandt. Der historische Rechtsgesetzgeber hat im Jahr 1862 die Grundlagen des heutigen Gemeinderechts geschaffen; derselbe Gesetzgeber hat 1883 das Teilungs-Regulierungs-Reichsgesetz 1883, die „Mutter des Österreichischen Agrarrechts“, geschaffen. Auf den Grundsatzentscheidungen des Reichsgesetzgebers hat der Tiroler Landesgesetzgeber und haben die Tiroler Agrarbehörden aufgebaut. Ein „Gemeindegut“ war danach ein Liegenschaftsvermögen, dessen Eigentumsverhältnisse anhand der Rechtsverhältnisse im jeweiligen Land von der Agrarbehörde rechtskräftig zu entscheiden waren.

„GEMEINDEGUT“ WAR GEMEINSCHAFTSGUT

Von den zahllosen Entscheidungen der Agrarbehörde, in denen der Begriff „Gemeindegut“ zur Bezeichnung eines Guts im Eigentum einer Agrargemeinschaft verwendet wurde, sei nur eine hervorgehoben, die sich in belehrender Absicht mit der Geschichte des „Tiroler Gemeindeguts“ auseinandersetzt. Der Bescheid stammt vom legendären Tiroler Agrarbehördenleiter Dr. Albert Mair.

In diesem Zusammenhang scheint im Interesse der Information der am Regulierungsverfahren Beteiligten eine kurze Darlegung der geschichtlichen Entwicklung des Gemeindegutes von Nöten, womit der Nachweis erbracht wird, dass den Gemeinden, die bislang die Stellung einer treuhändischen Verwaltung des Gemeindegutes zur Sicherung der Nutzungsansprüche der Beteiligten hatten, nichts entzogen wird, was sie bisher unbeschränkt in ihrem Eigentum besessen hätten. Nach Erlass XXXVI ‚Regulierung der Tiroler Forstangelegenheiten‘, kundgemacht in der Provinzialgesetzessammlung für Tirol und Vorarlberg vom Jahr 1847, Seite 253, wurde bewilligt, dass die künftig den Untertanen vorbehaltenen, in den landesfürstlichen Staatswaldungen zustehenden Holzbezugsrechte durch Ausscheidung und Überweisung einzelner Forstteile in das Eigentum der betreffenden Gemeinden, denen sie angehören, abgelöst werden. Hierbei ist von Bedeutung, dass sich der heutige Gemeindebegriff von dem damaligen wesentlich unterscheidet. Die Gemeinden, die im Jahre 1847 noch nicht körperschaftlich eingerichtet waren, wurden als Wirtschaftsgemeinden, als die Gesamtheit der Nutzungsberechtigten verstanden.“ (Bescheid vom 12. Dezember 1962 III B1-1768/9, Regulierung des Gemeindegutes von Fügen, Dr. Albert Mair)

SCHLUSSFOLGERUNG

Unter dem Begriff „Gemeindegut“ wurde vom Beginn der Österreichischen Agrargesetzgebung im Jahr 1883 an ein Gut verstanden, das demjenigen gehört, der im Commassionsverfahren (heute: agrarische Operation) rechtskräftig als Eigentümer festgestellt wird.

Erst der Verfassungsgerichtshof hat mit seinen Erkenntnissen die falsche Rechtsauffassung etabliert, dass ein „Gemeinde- bzw. Fraktionsgut“ nur ein Eigentum der Ortsgemeinde sein könne. Diese Rechtsauffassung steht dem Willen des historischen Gesetzgebers sowohl des Gemeinderechts als auch des Flurverfassungsrechts diametral entgegen. Diese Rechtsauffassung steht am Beginn des aktuellen Agrarstreits. Und der Bundesgesetzgeber hat bis heute nie die Mühe auf sich genommen, die Verfassungsgerichtshof-Erkenntnisse VfSlg 9336/1982 und schon früher VfSlg 5669/1968 einer kritischen Würdigung zu unterziehen.

Obwohl der Verfassungsgerichtshof kein Gesetz ändern darf, hat man in Tirol dessen Thesen vom wahren Eigentum der Gemeinde am Gemeindegut übernommen und versucht, schon im Dezember 1983 das Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetz mehr schlecht als recht anzupassen (LG vom 16. Dezember 1983 LGBl 18/1984, TFLG-Novelle 1984). Unberührt blieben freilich die zahllosen historischen Bescheide, die nach der alten Rechtslage ein Eigentum der Agrargemeinschaft als ein „Gemeinde- oder Fraktionsgut“ bezeichneten. Und aus diesem Grund ist es auch ganz verkehrt, wenn in Tirol heute ein „atypisches Gemeindegut“ danach identifiziert wird, dass nur geprüft wird, ob die historische Agrarbehörde von einem „Gemeinde- oder Fraktionsgut“ ausgegangen ist.

MP